76 Erhebung des Liberalismus. 1867
die Billigung des Kaisers zu scharfer Unterdrückung dieses
Treibens zu gewinnen. Die Folge war nach einigen Monaten
ein offner Bruch zwischen Napoleon und Ollivier. Dieser,
der sich nicht bloß mit liberalen Worten abspeisen lassen
wollte, bekämpfte am 12. Juli 1867 den Staatsminister in
einer großen Rede als den Verderber der besten Sache, den
Feind aller freien Gedanken; die Machtstellung, die er in
solcher Art mißbrauche, sei unerträglich; mehr als ein Haus-
meier, mehr als ein Großvezir herrsche er ohne Verantwort-
lichkeit als ein Vicekaiser. Napoleon sah darin eine Belei-
digung seiner selbst und sandte dem Minister mit einem
huldvollen Schreiben das Großkreuz der Ehrenlegion. Der
persönliche Verkehr mit Ollivier wurde dadurch unterbrochen,
und dieser wandte sich seitdem mit voller Energie wieder der
Opposition zu, wo er bei jedem Anlaß die Forderung eines
dem Parlamente verantwortlichen Ministeriums, als des In-
begriffs und der Garantie aller politischen Freiheiten, mit
Thiers und der Linken wiederholte.
Dies war allerdings bei den activen Politikern aller libera-
len Schattirungen ein fester Glaubensartikel, der in Zeitungen
und Vereinen ihren Anhängern unaufhörlich eingeprägt wurde.
Aber die große Masse der Bevölkerung, die Bauern auf dem
Lande und die Gewerbtreibenden in den Städten hatten seit
dem Alarm von 1848 den politischen Händeln überhaupt
den Rücken gekehrt und sich unter dem „persönlichen Regi-
ment"“ ihres wachsenden Wohlstandes erfreut. Hier empfanden
sie nun seit 1866 einen schlimmen Druck durch die Unsicher-
heit des europäischen Friedens, und also ihres Credits und
ihrer Speculationen. Wir sahn vorher, wie kräftig Ollivier
dies dem Kaiser im Januar 1867 vorhielt: schaffen Sie