82 Versuch eines Dreibundes. 1868
solide Macht des norddeutschen Rivalen. Aber dies unauf-
hörliche Doppelconcert, womit Freunde und Gegner sie be-
drängten, von links das Thema: ihr habt Frankreichs Macht-
stellung vernichtet — und dann von rechts das trefflich dazu
passende Gegenthema: ibr müßt Frankreichs Ruhm und Ehre
wieder herstellen — war doch nicht bloß lästig, sondern auf
die Dauer höchst gefährlich. Nichts konnte unter diesen Um-
ständen der Regierung näher liegen, als die Frage, ob es
denn ganz unmöglich wäre, ohne Blutvergießen dem Stolze
des französischen Volkes auf friedlichem Wege einige Genug-
thuung zu verschaffen. Nun kam in Deutschland die Reform
des Zollvereins zu Stande, und Anfang 1868 wurde die
Berufung des ersten Zollparlaments beschlossen. Dies führte
dann in Paris zu der Erwägung, ebenso wie Preußen schon
vor 1866 durch den Zollverein eine leitende Stellung unter
den deutschen Staaten gewonnen hatte, ein ähnliches Ver-
hältnis für Frankreich mit Luxemburg und Belgien, vielleicht
auch mit Holland und der Schweiz zu erwirken, zunächst
durch Zoll= und Eisenbahnverträge, und, wenn Alles glückte,
weiterhin durch Militär-Conventionen und Schutz= und Trutz-
bündnisse. Ein solches Bild erschien dem französischen Kaiser
so lockend, daß er ohne nähere Prüfung der Schwierigkeiten
einen ersten Schritt zur Verwirklichung der erfreulichen Phan-
tasie that. Sein Vetter der Prinz Jerome Napoleon reiste,
nach der erlaubten Wißbegier die Schönheit der Mark Branden-
burg kennen zu lernen, Anfang März 1868 als Privatmann
nach Berlin, wurde hier mit auserlesener Höflichkeit und
Freundlichkeit ausgenommen und besprach mit Bismarck die
französischen Pläne. Bismarck hat später erklärt, der Prinz
habe mit Hindeutung auf die Vorschläge vom August 1866