1869 Osterreich bereit zu e. Schutzbündn. Belg. Unterhandlung. 89
Jahre resultatlos eingeschlafenen Gespräche mit Italien wieder
auf. Anfangs diente dabei als Mittelsperson zwischen ihm
und Victor Emanuel der Militär-Attaché der italienischen
Gesandtschaft in Paris, Graf Vimercati; bald aber wurden
außer ihm auch der Gesandte Nigra selbst und in Florenz
der General Menabrea zugezogen, der letztere jedoch nur in
seiner Eigenschaft als königlicher Generaladjutant, hinter dem
Rücken des Ministcriums, dessen Präsident er damals war.
Auf so gute Nachricht aus Wien, und damit auf einen
starken europäischen Rückhalt gestützt, beschloß Rouher, dem
Napoleon auch die belgische Unterhandlung übertragen hatte,
dem ungezogenen Verfahren des kleinen Nachbars eine scharfe
Lection angedeihn zu lassen. Wie immer, ging sein Wunsch
auch dieses Mal nicht auf Krieg, aber er meinte, durch An-
schlagen eines hohen Tones dem belgischen Unterhändler im-
poniren zu können; es war dieses Mal Frere-Orban selbst,
der am 2. April nach Paris gekommen war, um seinen guten
Willen zu zeigen. Rouher erklärte ihm, vor Allem hätte
Belgien die Kaufverträge der Ostbahn anzuerkennen, dann
würde man gerne jeden Satz daraus entfernen, der für
Belgiens Unabhängigkeit bedrohlich erscheinen könnte. Diesen
Standpunkt aber anzunehmen, lehnte Frere-Orban auf das
Entschiedenste ab. Die Existenz der Verträge ist es, rief er,
die unsere Unabhängigkeit bedroht; sie sind und bleiben ver-
nichtet; dafür aber sind wir bereit, die Ostbahn durch sonstige
Verkehrserleichterungen in billiger Weise zu entschädigen. Er
legte im weiteren Verfolge der Conferenzen mehrere Vor-
schläge dieser Art vor, Rouher aber erklärte Alles für un-
annehmbar, so lange Belgien nicht die Kaufverträge genehmigt
habe. Privatim wurde Frere-Orban auf alle Weise bald mit