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hamburg.
„Die Jahl von 50 Schülern gilt als die durchschnittliche Normal-
zahl einer Klasse. Diese Jahl darf in der untersten Klasse ohne Genehmi-
gung der betreffenden Schulkommission nicht überschritten werden.“
(Gesetz vom 11. November 1870.)
Kuch die neueren Gesetze halten ganz ungemein hohe Jiffern
für die Klassenbesetzung und die unterrichtliche Dersorgung durch
einen Lehrer für angängig. Diese vielfach auch in Wirklichkeit be-
stehenden Derhältnisse gestatten eine fruchtbare erziehliche Beein-
flussung der Schuljugend und selbst einen erfolgreichen Unterricht im
gewöhnlichen Sinne nicht. Man hat 50 (Professor Rehmke) und 45
(Kultusminister Dr. Hholle) Kinder für eine Klasse als Normalziffern
genannt, zu denen man im Huslande zum leil schon lange gekommen
ist. In den nordischen Staaten, aber auch in Frankreich, England,
Belgien, holland und der Schweiz ist die Klassenbesetzung weitaus
schwächer als in Deutschland. Im Deutschen Reiche selbst sind die-
selben und sogar viel niedrigere Ziffern ebenfalls nichts Neues. Die
preußischen höheren Lehranstalten hatten schon vor 50 Jahren auf
einen hauptamtlichen Lehrer im Durchschnitt nur 19 Schüler, und
daran hat sich bis zur Gegenwart nichts geändert. In den preußischen
höheren Mädchenschulen ist die auf einen Lehrer entfallende Schüle-
rinnenzahl wenig höher. Kuch in den Mittelschulen übersteigt sie
50 nicht erheblich. Bei gerechter Ordnung der Dinge aber müßte die
Besetzung der Dolksschulklassen eher schwächer als stärker sein. Je
rückständiger die Erziehungsverhältnisse des hauses sind, je weniger
die Kinder außerhalb der Schule einer pädagogischen Einwirkung
ausgesetzt sind, um so intensiver müßte der Schulunterricht sein, und
je jünger das Kind, um so kleiner die Klasse. Je näher das Kind der
Wiege steht, um so hilfloser ist es, um so mehr bedarf es der Pflege
und Leitung. Je älter die Kinder werden, um so mehr können sie
einer allgemeinen Ordnung unterworfen werden und können päd-
agogische Einrichtungen an die Stelle der persönlichen Erziehung
treten.
Man kann es als ausnahmslose Regel binstellen, daß das Er-