— 77 —
„Die Eltern und Erzieher haben dafür zu sorgen, daß ihre schulpflichtigen
Kinder die erforderlichen Bücher und sonstigen Lehrmittel besitzen.
Wird die Beschaffung der Lehrmittel verzögert, so sind sie alsbald
vom Schulvorstande auf Kosten des Erziehungspflichtigen anzuschaf-
fen. Diese Kosten werden, dafern nicht der Schulvorstand im einzelnen Salle
darauf verzichtet, im Derwaltungswege eingehoben.“
Die Mehrheit der Iwischendeputation der zweiten Kammer
änderte den zweiten Satz wie folgt ab:
„Wird die Beschaffung der Lernmittel verzögert, so sind sie alsbald vom
Schulvorstande auf Kosten des Erziehungspflichtigen anzuschaffen. Diese
KNosten werden im Derwalt ungswege eingehoben, wenn nicht der Schulvorstand
im einzelnen Lalle darauf verzichtet. Für Ninder unbemittelter Eltern
sind die Lernmittel aus der Schulkasse zu beschaffen.“
Die sozialdemokratische Minderheit der Kommission verlangt in
Übereinstimmung mit der Forderung des Erfurter Drogramms von
1891 („Unentgeltlichkeit des Unterrichts, der Lernmittel und der Der-
pflegung in den öffentlichen olksschulen“):
„Die erforderlichen Bücher und sonstigen Lernmittel sind
aus der Schulkasse zu beschaffen.“
Die Jwischendeputation der ersten Kammer schloß sich dem Be-
schlusse der Iwischendeputation der zweiten Nammer an.
In Preußen blieben die Gemeinden bisher ohne gesetzlichen und
behördlichen Jwang. Sie können in der ungelegenheit tun, was
sie für rechtens halten. Größere Gemeinden, z. B. Berlin, verfahren
bei der Bewilligung von Lernmitteln für Unbemittelte meist sehr liberal.
Überhaupt noch nicht gesetzgeberisch in Angriff genommen ist
die Frage, wie die Schulbücher einzuführen sind, und wie bei der
herstellung und Julassung zu verfahren ist. Die Bestimmung
des § 34 des hamburgischen Schulgesetzes vom 11. November 1870:
„Die Wahl der Tehrbücher bleibt den Lehrern überlassen, unterliegt
jedoch der Genehmigung der Oberschulbehörde. Der hauptlehrer hat nach
Beratung mit den übrigen Lehrern das Erforderliche darüber festzustellen,"
bezieht sich anscheinend nicht auf Schulbücher, sondern auf hand-
bücher für die Lehrer. Hus dem Zuslande hingegen liegen mannig-
fache Erfahrungen vor. Es gibt Staaten, in denen den Cehrern bei
der Einführung und beim Gebrauch der Schulbücher weitgehende
Ireiheiten eingeräumt sind, während in anderen Staaten ein staat-