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Zeit darauf erhielt ich von Bucher einen Brief, in dem
ich gebeten wurde, schleunigst nach Varzin zu kommen.
Ich reiste am nächsten Morgen ab und traf unterwegs
im Eisenbahnzuge den jetzigen Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe, damals Botschafter in Paris, der sich ebenfalls
auf dem Wege nach Varzin befand. Wir machten die
zweistündige Fahrt von Schlawe nach Varzin zusammen
im offenen Wagen und waren beide nicht wenig über—
rascht durch die landschaftlichen Schönheiten Hinterpom—
merns, wo bewaldete Hügel und Thäler sich malerisch
abwechseln und wo es Ausblicke giebt, die an Thüringen
erinnern.
Als wir in den Varziner Schloßhof einfuhren, blies
der Postillon, Fürst Bismarck empfing uns in der Haus—
thür und führte uns, kaum daß wir Zeit hatten, Hut und
Paletot abzulegen, in das Speisezimmer, wo sofort die
Suppe aufgetragen wurde.
Nach dem Diner saßen die Bismarck'schen Damen,
die beiden Fürsten und meine bescheidene Wenigkeit noch
stundenlang beim Kaminfeuer beisammen und ich war ein
sehr aufmerksamer Zuhörer, als Fürst Hohenlohe, der
direkt von Paris kam, über französische Zustände eingehend
referirte und Fürst Bismarck hin und wieder eine launige
Bemerkung dazwischen warf. Dann wurden von den
Beiden die Leistungen verschiedener inländischer und aus—
ländischer Diplomaten einer scharfen Kritik unterzogen und
Fürst Bismarck erging sich in Reminiscenzen an seine
Bundestagszeit. Von einem österreichischen Staatsmann,
der in jenen Tagen eine einflußreiche Rolle gespielt, be—