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kanzlei eingerichtet, das Zentralbureau des Reichskanzlers
zur Vermittlung des gesammten Geschäftsverkehrs zwischen
ihm und den einzelnen Reichsämtern und preußischen
Ministerien. Ich wurde zum vortragenden Rath oder,
wie man gewöhnlich kurzweg sagt, zum Chef der Reichs-
kanzlei ernannt. Von diesem Augenblicke an begann ein
Leben für mich, wie es interessanter, aber auch aufreibender
nicht gedacht werden kann.
Im Erdgeschoß des Reichskanzlerpalais befinden sich
auf der einen Seite drei Räume, zwei dienen als Arbeits-
zimmer des Kanzlers, das dritte als Berathungszimmer
für das Staatsministerium. Daran stößt ein großer saal-
artiger Raum, in dem die Bibliothek und ein Billard
aufgestellt sind. Auf der anderen Seite befinden sich die
Bureaus der Reichskanzlei, ebenfalls drei Räume. Nur
wenige Schritte vom Arbeitszimmer des Fürsten entfernt,
konnte ich in jedem Moment zu ihm gerufen werden.
Das genügte für die eigentliche Bureauzeit. Aber der
Fürst kehrte sich nicht im mindesten an diese. Er ließ
mich bisweilen rufen, wenn ich soeben zum Mittags= oder
Abendessen zu Hause angelangt war, und dann ging durch
das Hin= und Herschicken und Fahren viel Zeit unnütz
verloren. Es stellte sich daher bald die Nothwendigkeit
heraus, in der unmittelbaren Nähe des Reichskanzlerpalais
eine Wohnung für mich zu beschaffen. Der Fürst über-
ließ mir als Dienstwohnung die herrliche Villa in dem
früheren Decker'schen Garten, zwischen der Wilhelms= und
Königgrätzerstraße, die nach meinem Abgange den Staats-
sekretären der auswärtigen Angelegenheiten überwiesen