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Immer mehr vertiefte er sich in die Details der einzelnen
Erwerbszweige und immer deutlicher wurde ihm der all—
gemeine Nothstand. Seine Gedanken umkreisten unaus-
gesetzt den einen Punkt, wo der Hebel zur Abhilfe anzu-
setzen sei.
Und schon nach wenigen Wochen war dieser Punkt
gefunden. Das neue System unserer Handelspolitik stand
in großen Umrissen klar vor seinen Augen. Die Formel,
an der es aufgebaut wurde, war im Grunde sehr einfach
und doch im hohen Grade überraschend. Sie lautete:
Schutz der gesammten produktiven Arbeit. Bisher hatten
die eifrigsten Vorkämpfer für eine Zollreform nur den
Schutz der Industrie verlangt, an die Landwirthschaft hatte
Niemand gedacht. Der Fürst aber erkannte mit klarem
Blick die Interessengemeinschaft beider.
Als er zum ersten Mal das Wort „Getreidezölle“
aussprach, erschrak ich, offen gestanden. Getreidezölle
paßten so absolut nicht in irgend ein gangbares volks-
wirthschaftliches System, auch nicht in das List'sche, das
bekanntlich den Zollschutz für alle Erzeugnisse der In-
dustrie, aber die freie Einfuhr aller Rohstoffe und Lebens-
mittel fordert. Bald aber überzeugte ich mich, daß hier
in der That ein großartiger Gedanke zur Reife gekommen.
daß wieder einmal alle Theorie grau sei und daß das un-
endlich schwierige Problem einer durchgreifenden Wirth-
schaftsreform nur nach rein praktischen Gesichtspunkten
und nicht nach Lehrsätzen der Schulweisheit gelöst werden
könne.
Ich will hier das Weitere übergehen, um meinen