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Vortrag nicht zu sehr auszuspinnen. Nur das Eine will
ich noch bemerken: Als im Januar 1879 die Zolltarif
Kommission zusammentrat und nun an die Erörterung
zahlloser Einzelfragen herangetreten wurde, beherrschte
Fürst Bismarck das gesammte Gebiet der Handelspolitik
mit einer Sicherheit, als ob er zeitlebens nur volkswirth-
schaftliche Studien betrieben hätte. Und doch hat er meines
Wissens nie, wenigstens so lange nicht, als ich in seiner
Nähe war, ein Lehrbuch der Nationalökonomie in der
Hand gehabt.
Wie Sie wissen werden, gehörte auch ich der Zolltarif-
Kommission an, die unter dem Vorsitz des früheren Würt-
tembergischen Ministers von Varnbüler tagte. Ich wurde
zum Referenten für die Getreidezölle ernannt, der nach-
herige Minister von Boetticher war Korreferent. Unsere
Aufgabe war keine leichte, da es an allen statistischen Unter-
lagen für unsere Arbeit fehlte. Die übrigen Referenten
(für Eisen-Textil-Waarenzölle u. s. w.) hatten es wesentlich
besser. Ihnen standen die Erfahrungen zu Gebote, die
man nicht nur in Deutschland, sondern in allen übrigen
Großstaaten seit Jahrzehnten gemacht hatte. Sie marschirten
auf einem festen Boden. Die Getreidezölle aber waren
ein novum, bei dem alle Vergleichsobjekte fehlten. Jeder
Schritt vorwärts mußte mit großer Vorsicht gemacht
werden. Auch begegneten unsere Vorschläge schon im
Schoße der Kommission dem heftigsten und hartnäckigsten
Widerstande. Wenn es dennoch gelang, in verhältniß-
mäßig kurzer Zeit durch endlose Korrespondenzen mit
Konsulaten, kaufmännischen Korporationen und sonstigen