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immer einer besonderen Anmeldung bedurft, die mich als
Kommissar des Bundesraths legitimirte.
Meine amtliche Stellung war nun in der angenehm—
sten Weise ausgestaltet und befestigt. Wenn trotzdem und
trotz mancher glänzenden Perspektiven, die sich zu eröffnen
schienen, schon im nächsten Jahre in mir der Entschluß
reifte, sie aufzugeben, so spielten dabei verschiedene Be—
weggründe mit. Zunächst die Rücksicht auf meine Ge—
sundheit. Ich hatte allmählich die Entdeckung gemacht,
daß ich auch Nerven besitze, was ich bis dahin nicht ge—
wußt hatte. Mein vielgerühmtes Schlaftalent war mir
abhanden gekommen. In früheren Jahren hatte ich häufig
die Heiterkeit meiner Kollegen erregt, wenn ich auf meinem
Sitze im Abgeordnetenhause den Schlaf des Gerechten schlief.
Jetzt war das Alles vorbei. Nur mit Hülfe künstlicher
Mittel konnte ich einige Stunden Nachtruhe finden.
Dann wurde ich mehr und mehr meiner Familie
entfremdet. Ich war eigentlich nur Gast im eignen Hause.
Meine Kinder bekam ich oft wochenlang nicht zu sehen.
Als gewissenhafter Statistiker kann ich konstatiren, daß ich
im Jahre 1879 ein hundert und drei und dreißig Mal
beim Fürsten Bismarck zu Mittag gespeist habe und wäh—
rend der Zeit vom Januar bis Ende Juli nur zwei Abende
in meiner Familie gewesen bin. Und davon verdankte ich
den einen Abend nur dem Scherze meiner Frau, die mir,
während ich im Bismarck'schen Hause dinirte, eine gedruckte,
förmliche Einladungskarte schickte, durch welche sie den
Herrn Geheimen Ober-Regierungs-Rath u. s. w. auf acht