118 Der Ausbruch des Krieges
schlag zugestanden hat. Der Kanzler stellte sich aber auf einen Stand-
punkt, der den Feinden den Vorwand gab, zu behaupten, der Kanzler
hielte es für unter der Würde Österreichs, die „guten Dienste“ von vier
Großmächten anzunehmen; überdies wollte sich Deutschland nicht in
die serbische Sache mischen; der österreichisch-serbische Zusammenstoß
wäre einmal da und unvermeidlich. Man könnte nur danach streben,
ihn zu lokalisieren. Demgemäß drahtete er am 27. Juli an Lichnowsky:
„Es ist für uns unmöglich, unseren Bundesgenossen in dieser Ausein-
andersetzung mit Serbien vor ein europäisches Gericht zu ziehen.“ Am
selben Tage soll, nach einer Meldung des österreichischen Botschafters,
Jagow diesen von der Abneigung der deutschen Regierung, auf Greys
Konferenzvorschlag einzugehen, unterrichtet haben.
Der Grad der Loyalität des Grenschen Vorschlages konnte Zweifeln
unterliegen. Für die Frage der Annahme durften solche Zweifel aber
nicht entscheidend sein. Sicherungen mußten die Mittelmächte sich
vorbehalten; Grey hat, wie erwähnt, am 30. Juli keine Schwierig-
keiten gemacht, als Bethmann-Hollweg eine solche Sicherung des öster-
reichischen Faustpfandes verlangte. Wenn Grey seinen Konferenzvor-
schlag vom 26. Juli selber zurückgezogen hat, noch bevor ihm dessen
Ablehnung durch Bethmann-Hollweg bekannt war, so ist nicht sicher,
ob ihn dabei die Absicht geleitet hat, die Verhandlungen zu erschweren.
Vielmehr könnte auch er sich damals noch etwas von unmittelbaren
österreichisch-russischen Verhandlungen versprochen haben. Er hätte sich
darin im Einklang mit dem Kanzler befunden, der seinerseits unter
Ausschaltung des Konferenzgedankens unmittelbar zwischen Wien und
Petersburg zu vermitteln suchte.
Der sekundäre Fehler, den man in Berlin damit beging, die Kon-
ferenz auszuschlagen, war ebenso groß wie der primäre Fehler, daß
man sich zu sehr auf die Abneigung der Entente zu einem Krieg ver-
ließ. Bethmann zeigte sich überempfindlich für die Würde des öster-
reich-ungarischen Staates, der mit dem Deutschen Reich nicht iden-
tisch war, an dessen Zukunft uns aber gerade die damalige Politik
des Kanzlers auf Leben und Tod angekettet hatte.
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Bethmann-Hollweg hatte seit Jahren an einem von ihm selbst so
bezeichneten „Kartenhaus“ gebaut, nämlich einer deutsch-englischen