Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

152 Hauptfragen des Krieges 
Was stellte nun die politische Führung Deutschlands diesen geistigen 
und kaufmännischen Waffen unserer Feinde entgegen? 
Sie konnte sagen: „Ihr Angelsachsen habt seit Jahrhunderten die 
Völker des europäischen Festlands gegeneinandergetrieben. Aus 
Stammesresten und Länderfetzen hat Preußen das zersplitterte Deutsch- 
tum wieder zusammengefaßt, und je stärker es wurde, je mehr hat 
es sich zu der Erkenntnis durchgerungen, daß es unsere Sendung 
sei, für die Freiheit Europas einzutreten, gegenüber den jenseits der 
Meere entstehenden Riesenmächten. Denn in seiner vom Meer um- 
flossenen mannigfaltigen Gliederung wird Europa stets die höchsten 
geistigen Werte erzeugen, wenn seine vielen, eng aneinanderstoßenden 
Einzelkulturen sich frei entwickeln und gegenseitig befruchten können. 
Deutschland steht und fällt mit Europa und Europa mit ihm. Darum 
liegt es im eigensten Interesse Deutschlands, die Völker des euro- 
päischen Festlands völlig frei und damit leistungsfähig zu erhalten. 
Ihr Angelsachsen aber unterjocht die Völker leiblich und geistig. Seht, 
ihr Völker der Erde, wieviele von euch mehr oder weniger schon zum 
vegetierenden Vasallenleben herabgesunken sind, und wie groß diese 
Gefahr in der Zukunft erst wird. Wir kämpfen daher für die Frei- 
heit aller Völker der Erde gegen die alles verschlingende Tyrannei 
des Angelsachsentums. 
Ihr werft uns Militarismus und Autokratie vor, während bei 
euch zur Aufrechterhaltung des Kriegswillens die schärfste Diktatur 
besteht, die die Geschichte kennt, und einzelne Männer ohne Rück- 
sicht auf persönliche Freiheit oder demokratische Grundsätze die mi- 
lltärische Gewalt mit drakonischer Strenge ausüben. Mit eurem Ge- 
schrei über unseren Millitarismus meint ihr in Wirklichkeit die allein 
in der Welt noch frei dastehende Macht Deutschlands, das seine eigenen 
Wege geht und das Gleichgewicht Europas erhalten könnte. Euere 
Machthaber in der City von London und der Wallstreet von New VYork 
wissen ganz genau, daß nur dieses Deutschland ihnen noch im Wege 
steht, ihre kapitalistischen „Verständigungsgedanken“ auf die ganze 
Welt zu übertragen. Gelingt es ihnen aber, diesen letzten Stein weg- 
zuräumen und das unbeschränkte Weltmonopol zu erringen, dann 
freilich wird eine pax Britannica die Kirchhofsruhe der Welt für 
lange Zeiten herbeiführen.“ 
Ein ähnlicher Gedankengang wie der vorstehend umrissene hätte
	        
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