Full text: Tirpitz, Erinnerungen. Volksausgabe.

164 Hauptfragen des Krieges 
Deutschlands unmöglich macht. Das Verlangen der Einstellung des 
Ubootskrieges, über dessen heutige und zukünftige Bedeutung man sich, 
wie Churchills Rede zeigt, im Feindeslager völlig im klaren ist, ist der 
Kern der Wilson-Note, der umhüllt wird von dem Pathos der sitt- 
lichen Entrüstung. Da diese Entrüstung, auf den Seekrieg beschränkt, 
allzu durchsichtig sein würde, müssen schamlose Verleumdungen des 
Heeres als weitere Umhüllung dienen. Gleichzeitig peitscht er da- 
durch den Siegestaumel und die Wut seiner Leute ans Äußerste auf. 
Das würde er sicher nicht tun, wenn er uns nachher mit einiger 
Schonung behandeln wollte. Das Gegenteil wird der Fall sein, un- 
geachtet der Versprechungen unter der Hand. Letztere sind politischer 
Erpressertrick. 
Die Antwort Wilsons zeigt ferner, daß es ein Irrtum war, wenn 
man etwa angenommen hat, daß die Entente uns den Gefallen tun 
könnte, einen alsbaldigen Waffenstillstand unter Bedingungen zu ge- 
währen, die uns die Möglichkeit geben würden, unser Heer und unsere 
Grenzen für den Fall des Scheiterns der Friedensverhandlungen in 
Verteidigungszustand zu setzen. 
Uns bleibt nur ein Mittel, bessere Bedingungen, vielleicht sogar 
die Erhaltung des Deutschtums zu erlangen: Aufruf des ganzen Volkes 
zur entschlossensien Verteidigung unserer Ehre und unserer Lebens- 
möglichkeiten, begleitet von sofortiger Handlung, die nach außen und 
innen nicht den mindesten Zweifel an unserem Willen bestehen lassen 
kann. Dieses Verfahren ist selbst dann richtig, wenn wir auch jetzt 
noch entgegenkommend zu antworten geneigt sind. Tun wir Letzteres, 
so bleibt freilich die Gefahr bestehen, daß weder der Feind noch wir 
selbst an unseren Ernst glauben. Der von der Heimat ausgegangene 
Niedergang unseres Ehrgefühls und unserer Moral ist über die Etappen 
in die Kampffronten eingedrungen. Die Truppen können nicht mehr 
standhalten und kämpfen, wenn sie nur zu deutlich sehen, daß die 
Heimat Alles aufgibt. Wofür sollen die Mannschaften kämpfen, wie 
sollen die Offiziere die Moral der Truppen hochhalten? Das ist unter 
solchen Umständen unmöglich. 
Entschlossene Verstärkung unserer Westfront durch alle nur ver- 
fügbaren Mannschaften, Formierung von Bürgerbataillonen zur Auf- 
rechterhaltung der Ordnung in der Heimat, rücksichtslose Fortsetzung 
des Ubootskrieges, der sehr viel stärker gewirkt hat, als man bei uns
	        
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