176 Die Hochseeflotte im Kriege
Küstenplätze in Messina eintrafen, blieben sowohl die Italiener wie die
Österreicher aus, und Italien, das strenge Neutralität erklärt hatte,
gewährte den Schiffen in Messina kaum einmalige Kohleneinnahme.
An beiden Ausgängen der Meerenge kreuzten feindliche Schiffe. Da
Österreich noch an keine der uns feindlichen Mächte den Krieg erklärt
hatte, standen der Hilfeleistung seitens der österreichischen Flotte Form-
schwierigkeiten entgegen. Auf Verlangen des Reichsmarineamts er-
hielten wir am Nachmittag des 5. August vom Auswärtigen Amt die
Antwort, unser Botschafter in Wien wäre angewiesen, die Kriegserklä-
rung dringend zu verlangen. Am Abend kam die Nachricht, daß der
österreichische Seebefehlshaber nach Lage, Entfernung und Bereitschafts-
grad der österreichischen Flotte nicht imstande wäre, zu helfen — ein
Abbild unserer politischen Kriegsvorbereitung überhaupt. Unter diesen
Umständen wurde dem Admiral Souchon telegraphisch überlassen, wo-
hin er durchbrechen wollte. Er hat daraufhin, dem ersten Befehl ent-
sprechend, die Richtung nach Konstantinopel gewählt.
Die ganze türkische Frage erhielt durch das Gelingen dieses Durch-
bruchs die entscheidende Wendung. Wenn mir auch vor Ausbruch des
Krieges unsere Orientpolitik schief erschienen war, weil eine Befreiung
von der politischen Einkreisung Deutschlands nur auf dem Wege über
Rußland Aussichten hatte, so fiel jedes Bedenken in dieser Richtung
fort, seitdem wir uns tatsächlich mit Rußland im Kriegszustand be-
fanden. Dementsprechend habe ich die Türkei so weit mir möglich
war, unterstützt. Ihre Schwäche ließ eine wirkliche Neutralität auf
die Länge nicht zu. Die Ankunft unserer Schiffe ermöglichte es, daß
die Türkei für, statt gegen uns ausgespielt wurde. Die nun folgende
Unterstützung der Türkei durch die deutsche Marine unter schwierigen
Umständen ist ein Kapitel für sich. Hier soll nur hervorgehoben werden,
daß unsere Marine wesentlich an der ruhmvollen Verteidigung der Dar-
danellen beteiligt ist und damit zur Rettung von Konstantinopel beige-
tragen hat. Von dieser Rettung hing Sieg oder Niederlage auf der für
die Mittelmächte so wichtigen Balkanfront ab. Der Zufahrweg nach Ruß-
land vom Mittelmeer aus blieb geschlossen. Das Offenbleiben der Ver-
kehrswege nach Vorderasien ermöglichte die schwere Bedrohung Englands
in Agypten und Mesopotamien und zog starke englische Heere und
Seetransportmittel dorthin ab. Es wird bei unserer kontinentalen
Denkungsweise leicht übersehen, daß der von England unternommene