des vierzehnten Jahrhunderts die Preußenkämpfe des Ordens mit
der frommen Begeisterung des Kreuzfahrers schilderte, bis herab
auf Johann von Pusilge, der hundert Jahre später mit freierem
Weltsinn und weitumfassendem politischem Blick seine Jahrbücher
schrieb. Solche Berichte von den Taten des Ordens wurden zu-
weilen in den Remtern den Brüdern vorgelesen. Eine regelmäßige
Annalistik freilich konnte in dem stürmischen Grenzerleben nicht
aufkommen.
Gleich der Wissenschaft schwieg auch die Dichtung fast gänzlich
im Ordenslande. Gar seltsam hebt von solcher Herzenshärtigkeit
der Glanz der bildenden Künste sich ab, welche allerdings nicht
so unmittelbar auf die Veredelung der Gemüter wirken. Ihre
Blüte in Preußen fällt in der Zeit genau zusammen mit dem
politischen Ruhme der Tage Winrichs von Kniprode. Das edelste
weltliche Bauwerk des deutschen Mittelalters ist unter dem großen
Hochmeister vollendet worden — die Marienburg, die nach dem
Glauben des Volks ihre Wurzeln, die mächtigen Kellergeschosse,
so tief in die Erde streckt, wie ihre Zinnen hoch in die Lüfte
streben — bei Nacht mit dem Lichtglanze ihrer Remterfenster wie
eine Leuchte ob den Landen hangend, weithin sichtbar an dem
Weichselflusse, dem die Kulturarbeit des Ordens den lieblichsten
Unterlauf von allen deutschen Strömen bereitet hat. Schon längst
stand auf den Nogathöhen hinter den Ställen und Vorratshäusern
der Vorburg, beschützt durch eine Kette von Basteien und Gräben,
das Hochschloß mit dem Kapitelsaale und der Schloßkirche. Das
kolossale Mosaikbild der heiligen Jungfrau mit dem Lilienstabe
verkündete, daß hier des geistlichen Staates Hauptburg rage; auf
dem Rundgang um die Burg ruheten des Ordens Tote. Neben
diesem düster-feierlichen Bau erstand in Meister Winrichs Tagen
das prächtige Mittelschloß, die weltlich heitere Residenz des Fürsten,
mit der lichten Fensterfront von Meisters morgenhellem Gemach
und dem wunderbar kühnen Gewölbe in Meisters großem Remter,
das gleich dem Gezweige der Palme aus einem mächtigen Pfeiler
emporsteigt. Aber selbst dies freudige Bauwerk verleugnet nicht
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