sätze hindurchführte. Weil die Bestimmung unseres Geistes sich
nur verwirklichen läßt im praktischen Handeln, das praktische Han—
deln aber eine Bühne fordert, deshalb und nur deshalb ist der
Geist gezwungen, eine Außenwelt aus sich herauszuschauen und
als eine wirkliche Welt anzunehmen. „Ich bin ja wohl transzen-
dentaler Idealist,“ gesteht Fichte, „härter als Kant, denn bei ihm
ist noch ein Mannigfaltiges der Erfahrung; ich aber behaupte mit
dürren Worten, daß selbst dieses von uns durch ein schöpferisches
Vermögen reproduziert wird.“ Hatte Kant die große Wahrheit
gefunden, daß die Dinge sich richten nach der Beschaffenheit unseres
Erkenntnisvermögens: sein Nachfolger schreitet weiter und behauptet
getrost: „die Dinge werden erst durch unser Ich geschaffen; es
gibt kein Sein, sondern nur Handeln; der sittliche Wille ist die
einzige Realität“. Allein an der Kühnheit dieser Abstraktionen,
der verwegensten, die deutscher Denkermut zu fassen wagte, können
wir den aufrechten Trotz des Mannes ermessen. Zuoversichtlich
glauben wir ihm, daß „seine wissenschaftliche Ansicht nur die zur
Anschauung gewordene innere Wurzel seines Lebens“ selber war;
denn „was für eine Philosophie man wählt, richtet sich danach,
was für ein Mensch man ist“. In sicherem Selbstgefühle faßt
der Mann sich jetzt zusammen, als die namenlose Schrift des An-
fängers für ein Werk des Meisters Kant gehalten wird, und der
triviale Lärm seichter Lobreden ihn rasch die Nichtigkeit der lite-
rarischen Handwerker durchschauen läßt.
So steht sein Charakter vollendet, mannhaft, fast männisch, des
Willens, die ganze Welt unter die Herrschaft des Sittengesetzes
zu beugen, gänzlich frei von Schwächen, jenen kleinen Widersprüchen
wider die bessere Erkenntnis — und eben darum zu einem tragi-
schen Geschicke bestimmt, zu einer Schuld, die mit seinem Wesen
zusammenfiel, die er selber unwissend bekannte, indem er sich also
verteidigte: „Man paßt bei einer solchen Denkart schlecht in die
Welt, macht sich allenthalben Verdruß. Ihr Verächtlichen! Warum
sorgt ihr mehr dafür, daß ihr euch den andern anpaßt, als diese
euch und sie für euch zurechtlegt?"“ — Andere für sich zurecht-
10 5. v. Treitschke, Feldausgabe. 145