gung, dem Rohre der feindlichen Kanone freudig ins Gesicht zu
blicken, aber jedes Wort des Preises verstummt vor der mann—
haften Selbstbeherrschung, die unsere Väter beseelte. Als ein Heiß-
sporn des ostpreußischen Landtags die Genossen fragte: „Wie nun,
meine Herren, wenn der König den Krieg nicht erklärt?“ — da
erwiderte ihm Heinrich Theodor von Schön: „Dann gehen wir
ruhig nach Hause.“ Durchaus getränkt von diesem Geiste ernster
Bürgerpflicht war auch die Rede, die Fichte jetzt an seine Hörer
richtete. Er habe, gesteht er, lange geschwankt, ehe er mit solchem
Worte vor seine Schüler getreten sei. Die Wissenschaft allerdings
sei die stärkste Waffe gegen das Böse, und in diesem Kampfe
würden Siege erfochten, dauernd für alle Zeit. Aber zu dem
geistigen Streite bedürfe es des äußeren und des inneren Frie—
dens: und nur darum, weil diese Ruhe des Gemütes ihn selber,
trotz vielfacher Abung in der Selbstbesinnung, zu verlassen be-
ginne, schließe er jetzt seine Vorlesungen. — Das einfache Wort
genügte, die Jünglinge in die Reihen der Freiwilligen zu füh-
ren. Noch einmal ist ihm dann der Gedanke gekommen, als
ein Redner in das Lager zu gehen — noch einmal vergeblich.
Dann ist Fichte krank und halb gelähmt mit den gelehrten Ge-
nossen und dem kaum mannbaren Sohne in den Landsturm ge-
treten; Lanze und Säbel lehnten nun an der Tür des Philo-
sophen.
Als die Kunde erscholl von den herrlichsten deutschen Siegen,
von den Tagen von Hagelberg und Dennewitz, selbst dann hat er
nicht gelassen von der alten tüchtigen Weise, den Dingen nachzu-
denken bis zum Ende. Im Sommer 1813 hielt er vor den wenigen
Studierenden, die dem Kampfe fernblieben, Vorlesungen über die
Staatslehre. Auch jetzt noch bewegt er sich ausschließlich im Gebiete
der Ideen; seinen kühnsten Sätzen fügt er stolz abweisend hinzu:r
„Es gilt vom Reiche 'der Vernunftl, nicht von ihren Lumpen-
staaten.“ Noch immer geht er dem Staate der Wirklichkeit mit
radikaler Härte zu Leibe; Erblichkeit der Respräsentation ist ihm ein
absolut vernunftwidriges Prinzip, „die erste Pflicht der Fürsten
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