Full text: Auswahl für das Feld.

vorbrachen, da packte auch tapfere Herzen der preußische Alp, le 
cauchemar prussien. 
Frankreich hatte die führende Stellung in Europa schon seit 
dem Sturze des ersten Kaiserreichs verloren und sie dann für 
einige Jahre scheinbar zurückgewonnen durch die diplomatische Kunst 
des dritten Napoleon. Sobald Preußens böhmische Siege ein ge— 
rechtes Gleichgewicht der Mächte wieder herzustellen drohten, da 
bemächtigte sich jener lärmenden Pariser Kreise, welche von jeher 
die willenlose Provinz beherrschten, ein phantastischer Rausch na— 
tionalen Hochmuts; der alte Wahn kam wieder auf, daß Frank— 
reichs Größe auf der Schwäche seiner Nachbarn beruhe. Die 
öffentliche Meinung der Unberufenen nötigte den kranken Kaiser 
wider seinen Willen zur Kriegserklärung, sie meisterte und störte 
vorlaut jede Bewegung der Heere, sie erzwang den verhängnis— 
vollen Zug nach Sedan. Nach den ersten Niederlagen fiel der 
Kaiserthron, der keine andere Stütze besaß als das Glück,' und 
die Parteiherrschaft der neuen revolutionären Regierung konnte 
weder Gerechtigkeit üben noch allgemeines Ansehen erlangen. Daß 
der Befehlende befiehlt und der Gehorchende gehorcht, ward in 
dem allgemeinen unheimlichen Mißtrauen fast vergessen. Jedes 
Mißgeschick galt für Verrat, auch als der Krieg sich seine Männer 
gebildet und die Armee der Loire in Chanzy einen Feldherrn ge— 
funden hatte; und zuletzt noch, nach der Ubergabe von Paris, zer- 
fleischten sich die Besiegten unter den Augen der Sieger selbst in 
einem gräßlichen Bürgerkriege. 
Selten hat sich so klar gezeigt, daß es der Wille ist, der in den 
Daseinskämpfen der Völker entscheidet, und in dem Einmut des 
Wollens waren wir die Stärkeren. Dies Frankreich, das so oft 
unseren inneren Zwist genährt und mißbraucht hatte, stand mit 
einem Male der lebendigen Einheit der Deutschen gegenüber; denn 
ein gerechter Krieg entfesselt alle natürlichen Kräfte des Gemüts, 
neben dem Hasse auch die Macht der Liebe. Unverbrüchliches 
Vertrauen verband die deutsche Mannschaft mit ihren Offizieren 
und alle mit der obersten Heeresleitung. Die Schwaben, Badener 
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