damals sah es niemand als Blücher. Das ist politisches Genie,
die Dinge zu sehen wie sie wirklich liegen und sich daraus mit
schöpferischer Phantasie ein Bild der kommenden Entwicklung zu
bilden. Wer das nicht hat, ist auch kein Feldherr großen Stils.
In der Energie und Sicherheit des Gehorsams liegt die Ehre
des Soldaten. Deshalb ist der unbedingte Gehorsam, der bei uns
fast bis zur Härte ausgebildet ist, ein Ruhm und ein Zeichen der
Tüchtigkeit unseres Heerwesens. Die Verachtung, mit der man so
oft unter radikalen Leuten von diesem Hundegehorsam spricht, er—
weist sich als reine Illusion; gerade für die Heranbildung von
Charakteren ist die Erziehung im Heere besonders geeignet. Alte
tüchtige Offiziere sind vor allem auch durchgearbeitete Charaktere
und in dieser Hinsicht oft höher zu stellen als durchschnittliche Ge-
lehrte, weil Gelehrte viel weniger Gelegenheit haben ihren Charakter
zu bilden. Goethes unsterbliches Wort im Tasso hat hier das
Richtige gesagt. Der schweigende Gehorsam nach oben und zu-
gleich der strenge Befehl nach unten verlangt eine Selbständigkeit
des Charakters, welche sehr hoch anzuschlagen ist. Unsere preußi-
schen Generale sind nie etwas anderes gewesen als freimütige
Männer.
Diese Erfahrungen sind so sonnenklar, daß man immer wieder
erstaunt über die Verstocktheit der Doktrin, welche behauptet, ein
unbedingt gehorchendes Heer sei ein Werkzeug der Knechtschaft; es
ist vielmehr ein Werkzeug der Freiheit.
Gerade in einem Lande, wo die allgemeine Wehrpflicht besteht,
ist es auf die Dauer unmöglich, gegen den Willen der Nation zu
regieren.
Es ist also in einem wohlgeordneten Staate eine Gefahr von
dem blinden Gehorsam des Heeres nicht zu fürchten; alle Gefahr
liegt vielmehr darin, daß das Heer einen eigenen Willen haben
könnte. Nun wäre ein solcher unbedingter Gehorsam in der Tat
freier Menschen unwürdig, er würde wirklich zu einer knechtischen
16“
243