bekämpften Dichter eine kleine Gemeinde fanatischer Anhänger, die
durch unmäßiges Lob den Hohn der Gegner erweckten. So zwischen
gehässigen Tadel und blinde Bewunderung gestellt, ward das wohl-
begründete Selbstgefühl des Mannes krankhaft reizbar. Auch wir
halten es für trockene Philisterweisheit, wenn dem Poeten zuge-
mutet wird, er solle nicht empfindlich sein. Wer darf Angriffe
auf sein eigen Fleisch und Blut mit Kälte ertragen? Und wer
könnte die alte Wahrheit, daß ein halbes Lob tiefer verletzt als
ein ganzer Tadel, bitterer empfinden als der Dichter? Führt
doch der Künstler das Los des verwunschenen Prinzen: im Leben
soll er sich schelten und stoßen lassen wie die anderen auch, und
kaum nimmt er das Saitenspiel zur Hand, so ist er ein geborner
Fürst und hat immer recht und treibt mit uns, was ihm gefällt;
darum mögt ihr Nachsicht üben, wenn nicht ein jeder dies ge-
spaltene Dasein mit Haltung zu tragen weiß. Aber es ist ein
anderes, seinem Arger über die Kritik einmal durch einen derben,
in Gottes Namen ungerechten, Zynismus Luft zu machen — und
wieder ein anderes, jahrelang die geschmacklose Rolle des verkannten
Genies zu spielen, fortwährend mit „Wichten“ und „Kannegießern“
um sich zu werfen, jedes seiner eigenen Worte mit einer Andacht
zu bewahren, die dem reichen Geiste schlecht ansteht, ja sogar nach
Knabenart pathetisch zu prahlen: diese und jene Tugend hat mir
noch niemand abgesprochen. Jene Liebenswürdigkeit, die, nach
der Versicherung seiner Freunde, dem Menschen zuweilen eigen
war, blieb dem Schriftsteller versagt. Es gibt glückliche Naturen —
und viele unserer streitbarsten Männer, Lessing vornehmlich, zählen
dazu — denen wir niemals grollen, auch wenn wir widersprechen;
andere wieder, welche uns immer in Versuchung führen, mit ihnen
zu rechten, sie mögen sagen was sie wollen. Zu diesen letzteren
zählt Hebbel, nach meinem und vieler anderer Gefühl; er hat den
Mitlebenden erschwert, gerecht über ihn zu reden.
Dem Toten sollen endlich die menschlichen Schwächen vergessen
werden; auch von dem Kunstwerk seines Lebens gilt das gute
Dichterwort, das er einmal über das Drama aussprach: „in einem
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