im Nibelungenliede weite Strecken von langweiliger Einförmigkeit.
Auch der Inhalt bietet oftmals eine fremdartige, ja feindliche Mi—
schung von altnordischen, deutsch-heidnischen und christlichen Elemen—
ten. Die ungeheure Bewegung und leidenschaftliche Wildheit des
Stoffes, welchen die epische Form oft kaum bewältigen kann, fordert
den Dramatiker ebenso laut zum Nachbilden auf, wie jene Keime
verschlungener eingehender Charakteristik, die sich im Epos nur halb
entfalten dürfen. Gründe genug, um in unzähligen modernen Men-
schen den Wunsch zu erregen, daß die Heldengestalten der alten Sage
auf der Bühne erscheinen möchten, wo, nach Hebbels schönem Worte,
wo sich die bleichen Dichterschatten röten
wie des Odysseus Schar von fremdem Blut.
Aber wie läßt sich diese ungeheure Fabelwelt dem Verständnis
unserer Hörer erschließen? Am nächsten liegt es, durch sorgfältige
psychologische Motivierung die alten Recken uns menschlich nahezu-
führen. Dieses Weges ist Emanuel Geibel gegangen — und der
Erfolg bewies, daß auf solche Weise die finstere Größe des alten
Gedichtes gänzlich verloren geht. Wie anders ist Hebbel verfahren!
Ein ungeheures Geheimnis bleibt immerdar über den riesigen Ge-
stalten dieser Sage, das keine Kunst unserer helleren Zeit lichten
kann. Sollen unsere Hörer an einen Hagen Tronje wirklich glauben,
so gilt es nicht ihn hinabzuziehen in unsere Kleinheit und Fein-
heit, nein es gilt, ihn noch reckenhafter erscheinen zu lassen und die
Wunder der alten Göttersagen, die im Nibelungenliede schon halb
verwischt sind, in voller Pracht zu entfalten. Von vornherein muß
der Hörer empfinden, daß er die Welt des hellen bewußten Ver-
standes verlassen hat, daß er unter Menschen tritt, die wahllos,
zweifellos, wie die Naturgewalten, das Ungeheure tun, die der
vollbrachten Untat hart und sicher in die Augen sehen und sie auf
sich nehmen wie der Hagen des Liedes, der bei jedem neuen
Frevel sich vordrängt und spricht „laß mich den Schuldigen sein“.
Diese Erhöhung der Helden fast über das Maß des alten Liedes
hinaus hat Hebbel mit bewundernswürdiger Kunst vollzogen. Wie
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