Full text: Auswahl für das Feld.

Prinzipienkrieg wieder auf. Ghibellinische Schriftsteller eröffneten 
den Federkrieg wider Rom, unsere Kurfürsten behaupteten wider 
Frankreich und seinen Knecht, den Papst, mannhaft die Freiheit 
der Kaiserwahl, und, zum ersten Male im Schoße der Kirche, ward 
von den Minoriten der Satz verfochten: das Konzil steht über 
dem Papste. In diesem großen Kampfe nahm der Hochmeister 
offen Partei für den Kaiser als „sein Fürst und Geliebtester des 
Reichs“. 
So hatte die weltliche Staatskunft der geistlichen Genossenschaft 
ihrem Gebiete eine gesicherte Abrundung erobert. Dieselbe welt- 
liche Politik bewog den Hochmeister Werner von Orselen, in diesen 
Tagen (1329) die alten Statuten der bescheidenen Hospitalbrüder- 
schaft nach den kühneren Gesichtspunkten der baltischen Großmacht 
abzuändern — soweit die zähe Bedachtsamkeit kirchlicher Sitten dies 
zulassen mochte. Nach dem Siege über Polen wird auch das Drohen 
der Litauer minder gefährlich. Als Angreifer tritt nun der Orden 
den Völkern des Ostens gegenüber und steigt in wenigen Jahr- 
zehnten zur Sonnenhöhe seines Ruhms empor. Nach Orselen be- 
steigt eine Reihe begabter Männer den Meisterstuhl, so der sanges- 
kundige Luther von Braunschweig, Dietrich von Altenburg und — 
vor allen — Winrich von Kniprode. Vom Niederrhein gebürtig, 
ein freudiger Rittersmann von Grund aus und doch ein kalt er- 
wägender Staatsmann, war er den Ideen seiner Zeit insoweit 
untertan, als es nötig ist, um groß in der Zeit zu wirken, doch 
weltlich heiterer, freier im Gemüte als die meisten der Zeitgenossen 
— mit einem Worte, gleich Frankreichs viertem Heinrich, eine jener 
frohen, prachtliebenden, siegreichen Fürstengestalten, an deren Namen 
die Völker die Erinnerung ihrer goldenen Zeiten zu knüpfen lieben. 
Unter ihm — in den Jahren 1351 bis 1382 — wird der Ordens- 
staat in Wahrheit eine Großmacht, zugleich, wie ein Jahrhundert 
später Spanien, der Mittelpunkt und die hohe Schule der lateinischen 
Ritterschaft. 
In der Tat, nur durch die Strenge einer heiligen Genossen- 
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