Winrich die Wehrbarkeit der Bürger zu kräftigen: er ordnete den
gewohnten Brauch des Vogelschießens in allen Städten des Landes
nach fester Satzung und ermutigte die gewandten Armbrustschützen
durch Staatspreise. Gleicherweise leisteten auch die Grundherren
und Bauern ihren Komturen Heerfolge, nach strenger Regel, auf
bedeckten Hengsten vollgerüstet, oder in der leichteren Platten—
rüstung, je nach der Größe des Hufenbesitzes. Auch die modischen
fremden Gäste standen unter den Befehlen der Ordensritter, die
noch den altritterlichen Schmuck des Vollbartes und des langen
würdigen Mantels bewahrten. Alle Fahnen mußten sich senken
— hier in dieser deutschen Grenzerwelt, wo das herrschende kaiser—
liche Banner nie geweht hat — wenn die große Ordensfahne
mit dem Bilde der gnadenreichen Jungfrau dem Ordensmarschall
vorangetragen ward. Unbedingt — wenn nicht der Hochmeister
selber das Kommando übernahm — verbanden die Befehle des
Marschalls, der in friedlicher Zeit in dem gefährdeten Osten, zu
Königsberg, hauste, im Kriege sich mit dem Generalstab seiner
Kumpane umgab. Der harte Spruch des Reisegerichts traf die
Widersetzlichen — Gäste, Preußen und deutsche Herren — vor-
nehmlich jeden, der die strenge Marschordnung störte. Auch im
Lager mahnte der Altar, der inmitten des Heeres von den Fahnen
umweht sich erhob, an den geistlichen Ernst des Kampfes. —
Also verstand sich hier der Stolz der schweren adligen Reiterei
zum Zusammenwirken mit dem Fußvolke der Landwehr. Sogar
leichte Reiter, die Turkopolen, wußte der Orden zu verwenden.
Und wohl nirgendwo ist das schwere Geschütz der Arcolei so früh
und so häufig benutzt worden, als hier — schon zu Anfang des
vierzehnten Jahrhunderts — von dem Ritterbunde, welcher der
Erfindungslust seiner kriegskundigen Städte immer ein williges
Ohr lieh. Die alte Mönchspflicht der Krankenpflege diente jetzt
weltlichen Zwecken; ein großes Invalidenhaus wurde zu Marien-
burg eingerichtet, worin der Orden für die alten Tage seiner
wunden Brüder sorgte. — Noch lebt ungeschwächt in den Herzen
der Litauer und Slawen der alte Volkshaß wider die Deutschen.
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