Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

207. Hermann, der Befreier Deutschlands. 249 
dann aber plötzlich aus dem Dickichte hervor und überfielen 
die ermüdeten Feinde in unwegsamen Gegenden. So ging 
immer schnell wieder verloren, was kaum gewonnen war, und 
nur in der Nähe des Rheines konnten die Römer sich halten. 
Hier legten sie feste Schlösser an, und viele Städte auf der 
linken Rheinseite verdanken denselben ihre Entstehung, wie 
Speier, Worms, Mainz, Koblenz, Trier, Bonn, Zülpich, 
Köln, Xanten. Drusus starb nach seiner Rückkehr zu Mainz 
in Folge eines Sturzes mit dem Pferde. 
Nach Drusus' Tod wurden die Streifereien durch andere 
Feldherren fortgesetzt, welche durch Gewalt und List die 
Inser Herrschaft zwischen Elbe und Rhein zu begründen 
strebten. Sie suchten die angesehensten Deutschen durch Ge- 
schenke zu gewinnen und die einzelnen Volksstämme unter 
sich zu entzweien. Im Jahre 9 n. Chr. sandte Augustus 
den Feldherrn Varus als Statthalter an den Rhein. 
Dieser glaubte die Deutschen wie ein völlig unterjochtes 
Volk behandeln zu können, schrieb Lieferungen aus, trieb 
Abgaben ein und saß über die Eingebornen, die bisher 
immer nur von ihresgleichen gerichtet worden waren, nach 
römischer Weise zu Gericht. Freie Männer ließ er mit Ruthen 
schlagen, und ihre Häupter fielen unter dem Beile der Henker. 
Diese übermüthige, schmähliche Behandlung erbitterte 
das Volk. Da faßte Hermann, ein junger Fürst aus dem 
Cheruskervolke am Harz, den kühnen Entschluß, die Freiheit 
seines Vaterlandes zu retten. Er war, wie viele andere 
deutsche Jünglinge, in Rom erzogen worden und hatte die 
verfallenen Sitten des römischen Volkss kennen gelernt. Im 
Stillen theilte er seinen Plan, die römische Zwingherrschaft 
zu stürzen, gleichgesinnten Männern unter allen Stämmen 
des deutschen Volkes mit und schloß mit ihnen einen Bund. 
Der Verabredung gemäß brach scheinbar unter einem Stamme 
an der Weser ein Aufruhr aus. Varus machte sich im Herbste 
des Jahres 9 n. Chr. mit 40000 Mann auf den Weg, um die 
nach seiner Meinung entzweiten Deutschen zu unterwerfen. 
Er kam in die wilden, unwegsamen, dichtbewaldeten Gründe 
des Teutoburger Waldes. Hier hatten sich die deutschen 
Scharen unter Hermanns Leitung gesammelt. Bald brausten 
die Stürme in den Gipfeln der hohen Eichen; entwurzelte 
Bäume versperrten den Römern die Wege und anhaltende 
Regengüsse verwandelten die sumpfige Waldfläche in tiefe 
Moräste. Plötzlich brachen die Deutschen aus ihrem Hinter- 
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