Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

214. Karl der Große. 259 
das Schwert schlug) ist der, welcher ihm Gehorsam ver- 
schaffen soll.“ 
5. Im Jahre 800 wurde Karl der Grolse als Schirm- 
herr der Kirche vom Papste gegen dessen Feinde um 
Hilfe angerufen; er leistete diese, indem er selbst nach 
Italien z0g. Da geschah es, dass, als er am Weihnachts- 
tage in der Peterskirche, angethan mit einem langen 
Purpurmantel, mit allem Volke die Geburt des Heilandes 
feierte und andächtig in seinem Betstubl kniete, der 
Papst Leo III. auf einmal zu ihm trat, ihm eine mäch- 
tige Krone auf das Haupt setzte und ihn unter dem 
Jubelrufe des Volkes zum römischen Kaiser krönte. Von 
jener Zeit an führten seine Nachfolger in Deutschland 
diesen Titel. 
6. Eine feste Residenz hatte Karl nicht; er wohnte 
da, wo seine Gegenwart am nöthigsten war; am liebsten 
aber hielt er sich zu Aachen auf, wo er auch begraben 
ist. Er starb am 28. Januar 814 in einem Alter von 
72 Jahren. Sein Leichnam wurde in einer Gruft im 
Dome zu Aachen, aufrecht auf vergoldeteem Stuhle sitzend, 
in vollem kaiserlichen Ornat, mit einem Evangelienbuch 
auf dem Scholse und einer goldenen Pilgertasche um 
die Hüfte, bestattet und in dieser Stellung 1165 gefun- 
den. Erst jetzt legte man ihn in ein prächtiges Grabmal; 
die Kleinodien jedoch, Schwert, Krone, Reichsapfel und 
Panzer, behielt man zurück, um sie fortan bei jeder 
Krönung eines römisch-deutschen Kaisers zu gebrauchen. 
Nach dem Tode Karls wurde das grolse fränkische Reich 
getheilt in Frankreich, ltalien und Deutschland. 
7. Deutschland, das damals aus den vier. grolsen Provinzen 
Bayern, Schwaben, Sachsen und Franken bestand, kam 
bei dieter Theilung (843) an Ludwig den Deutschen, der 
seinen Wohnsitz in Regensburg nahm. Jede dieser Provinzen um- 
fasste mehrere Gaue, deuen je ein Gaugraf als Richter und Führer 
des Heerbannes vorgesetzt war. Solche Gaue waren der Volk- 
feldgau zwischen dem linken Regnitzufer und der Mittelebrach, 
der Raden zgau zwischen dem rechten Regnitzufer und dem linken 
Mainufer bis zum Fichtelgebirge und den Quellen der Pegnitz und 
fränkischen Rezat bis zur Aisch, der Nordgau im Nordosten des 
jetzigen Bayerns (mit Pottenstein und Pegnitz), der Grabfeldgau, 
welcher vom Thüringerwalde und dem rechten Mainufer, von 
Lichtenfels an, bis nach Schweinfurt sich ausdehnte, ferner der 
IlIler-, der Algau, der Ammergau, der Ober- und Unterdonaugau, 
das Riefls u. s. w.
	        
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