Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

215. Heinrich der Vogelsteller. 261 
Zunächst schloß er einen 9jährigen Waffenstillstand 
mit den gefährlichen Ungarn und gelobte ihnen einen jähr- 
lichen Tribut. Dafür sollten sie dann nicht mehr nach 
Deutschland kommen. Sie waren dessen zufrieden. Und nun 
begann im ganzen deutschen Reiche eine bessere Zeit, überall 
ein reges und thätiges Leben. Heinrich lehrte das Kriegs- 
volk in geschlossenen Reihen fechten und führte die Reiterei 
im Heere ein. Dann fing man an, Häuser zu bauen und 
hie und da eine aneinander stehende Anzahl derselben mit 
einer Mauer und einem Wassergraben zu umziehen. Solch 
eine ummauerte Stätte nannte man Stadt oder Burg 
und ihre Bewohner Bürger. Aber die Städte waren noch 
leichter zu bauen, als Bewohner darein zu finden; denn die 
Deutschen liebten das Wohnen auf dem Lande und sagten: 
„Sollen wir uns lebendig begraben lassen? Die Städte sind 
nichts anderes als Gräber.“ Da befahl Heinrich den Leuten 
zu losen; je einer aus Neunen, den das Los treffe, habe 
vom Lande in die Stadt zu ziehen. Damit dies aber gerne 
geschehe, gab Heinrich den Städten viele Vorrechte, so 
daß die Bürger hinter ihren Mauern nach und nach freier 
wurden, als die Bauern. Nun fing auch in den Städten 
einer an und machte für alle die Kleider, ein anderer für 
alle die Schuhe; ein dritter baute Häuser für andere; — das 
alles aber nicht umsonst! Auf diese Weise entstanden die ver- 
schiedenen Handwerke. 
Als nach 9 Jahren die Ungarn wieder kamen, die 
Bauern jetzt aber Vieh und ihre sonstigen Habseligkeiten in 
den ummauerten Städten unterbringen konnten, wohin die 
Ungarn nicht einzudringen vermochten, und als Heinrich dann 
mit Gottes Hilfe die Räuber bei Merseburg dermaßen 
besiegte, daß sie, so lange er lebte, nicht wiederkamen: da 
jubelte alles dem „Städteerbauer“ entgegen und freute sich 
des Königs. 
Nicht lange darnach brachte Heinrich auch die Wenden 
ur Ruhe. Mitten im Winter nahte er sich ihrer Haupt- 
tadt Brennabor (Brandenburg). Sie zagten aber nicht, 
sondern dachten: „Laß ihn nur kommen; durch die weiten 
Sümpfe um unsere Stadt kann er gewiß nicht dringen!“" 
Er kam aber dennoch, zwar nicht durch, sondern über 
die Sümpfe her. Gott schickte einen harten Frost, und 
Heinrich marschirte auf dem Eise gegen die feindliche Stadt 
und eroberte sie. Die Wenden waren besiegt. Wer konnte
	        
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