272 225. Der Graf von Habsburg.
Krönung. Das Volk wurde gespeist und 2000 Mark Silber
unter dasselbe vertheilt; fünf Tage währte das Ritterspiel.
Der neue Kaiser stellte nun Recht und Gesetz im Reiche
wieder her. Er zerstörte die Schlösser der Raubritter, welche
von ihren Burgen herab Städte und Dörfer überfallen und den
Landfrieden gebrochen hatten. Die sich nicht reuig zeigten, ließ
er hinrichten. Gegen den stolzen König Ottokar von Böhmen,
der den armen Schweizergrafen nicht als Kaiser anerkennen
wollte, zog er ins Feld; er besiegte ihn, nahm ihm die Herzog-
thümer Oesterreich, Steiermark, Kärnten und Krain ab und be-
lehnte damit seine Söhne. Diese Länder blieben fortan im
Besitze seiner Nachkommen, und so wurde Rudolf der Gründer
des. Habsburgischen Hauses, das heute noch in Oesterreich
regiert.
225. Der Graf von Habsburg.
Zu Aachen in seiner Kaiserpracht
im alterthümlichen Saale
saß König Rudolfs heilige Macht
beim festlichen Krönungsmahle.
Die Speisen trug der Pfalzgraf des Rheins;
es schenkte der Böhme des perlenden Weins,
und alle die Mähler, die sieben,
wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,
umstanden geschäftig den lerrscher der Welt,
die Würde des Amtes zu üben.
Und rings erfüllte den hoben Balkon
das Volk in freud'gem Gedränge; —
laut mischte sich in der Hosaunen Ton
das jauchzende Rufen der Menge;
denn geendigt nach langem, verderblichem Streit
war die kaiserlose, die schreckliche Seit,
und ein Richter war wieder auf Erden;
nicht blind mehr waltet der eiserne Speer;
nicht fürchtet der Schwache, der Friedliche mehr,
des Mächtigen Beute zu werden.
Und der Kaiser ergreift den goldnen Hokal
und spricht mit zufriedenen Blicken:
„Hohl glänzet das Fest, wohl pranget das Mahl,
mein königlich Herz zu entzücken;
doch den Sänger vermiss ich, den Bringer der TLust,
der mit süßem Klang mir bewege die Brust
und mit göttlich erhabenen TLehren.
So hab ich's gehalten von Jugend an,
und was ich als Ritter gepflegt und gethan,
nicht will ich's als Kaiser entbehren."