276 227. Deutsche Treue.
los; die Oesterreicher, getauscht und erschreckt, geriethen in
Unordnung, und ihre Reihen wichen den immer heftiger ein-
dringenden Bayern anfangs mit schwächerem Widerstande,
zuletzt in allgemeiner, verworrener Flucht. Was nicht ent-
rinnen konnte, wurde niedergehauen oder gefangen; Friedrich
selbst, sein Bruder IHesinrich und gegen 1300 Ritter und Adelige
aus Oesterreich geriethen in Gefangenschäft.
So war der Kampf um die Kaiserkrone beendet.
Ludwig der Bayer war es, der mit seines Bruders
Söhnen den berühmten Hausvertrag von Pavia schloss (1329),
wodurch im wittelsbachischen Hause die pfälzische und die
bayerische Linie entstand. Seine sechs Söhne theilten sich
in die ererbten Lande, und zersplitterten dadurch die Macht
Bayerns. Als i. J. 1506 die einzelnen Theile wieder ver-
einigt worden waren, bestimmte Herzog Albrecht der Weise,
dass fortan in Bayern jederzeit nur der alteste Prinz regieren
und Herzog sein sollte.
227. Deutsche Treue.
Nach der Schlacht bei Mühldorf wurde Friedrich der
Schönc von Oesterreich als Gefangener auf das feste Schloß
Trausnitz in der Oberpfalz gesetzt. Dort hörte der unglück-
liche Friedrich nichts von seinem treuen Weibe, das sich um
ihn blind geweint hatte, nichts von seinem Bruder, der ihn
gerne gerettet hätte. Er konnte sich nirgends bewegen, als
in dem engen, düstern Schloßhofe, nicht mehr, wie früher,
jeden Morgen auf seinem Rosse in den Wald sprengen, um
Hirsche und Rehe zu erlegen. Aber auch Kaiser Ludwig
hatte viele Unruhe und Gefahr im Kriege ausgestanden,
und es gab noch immer viele Leute, welche den gefangenen
Friedrich lieber zum Kaiser gehabt hätten, als ihn. Da
crinnerte sich Ludwig, daß Friedrich sein Jugendfreund und
immer treu und ehrlich gewesen war. Eines Abends setzte
er sich auf sein Roß und ritt nach der Trausnitz.
„Alter Freund,“ sprach er, „willst du frei werden?“
„Frei? so daß ich meine Gemahlin und meinen Bruder wieder
sehen könnte?" antwortete Friedrich. „O, dafür thäte ich
alles!“ Nun eröffnete ihm Ludwig die Bedingungen, unter
welchen er ihn freilassen wolle. „Wenn du mir versprichst
und am Altare schwörest, daß du * wieder in die Ge—
fangenschaft stellen willst, wenn du diese Bedingungen nicht
erfüllen kannst, dann bist du frei!“ Friedrich versprach es,
und beide empfingen das heilige Abendmahl zum Zeugnisse