Full text: Deutsches Lesebuch. Zweiter Theil. Realienbuch. (2)

284 236. Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege. 
Kopf= und Blumenkohl. Die deutschen Blumengärten da- 
maliger Zeit prangten mit Anemonen, Violen, Hyazinthen, 
Rosen, Skabiosen, Rosmarin, Lilien, Nelken, Mohn, Thymian, 
Lavendel, Salbei, Goldlack und Tulipanen. 
236. Deutschland nach dem dreilsigjährigen Kriege. 
Als i. J. 1648 die Friedensbotschaft das Ende eines 
schrecklichen Krieges verkündigte, da sah es traurig 
um unser Vaterland aus. Spanier, Wallonen, ltaliener, 
Franzosen, Schweden und Slaven hatten sich in einem 
dreilsigjährigen Kampfe auf deutschem Boden herum- 
getummelt. Zwei Drittheile der Bevölkerung waren um- 
gekommen. Zertretene Felder, in Asche gelegte Dörfer 
und Städte, zerstörte Werkstätten, durch den Krieg ver- 
wilderte Menschen — das waren die Bilder des Jammers, 
dic unser Vaterland überall darbot. 
Dazu kam noch, dass wichtige, unersetzliche Landes- 
theile von demselben losgetrennt und fremden Staaten 
einverleibt wurden. Die Kaiserwürde, einst die erste in 
der Christenheit, stand jetzt machtlos da. Der einzige 
Gewinn aus dem Kriege war für Deutschland der nun 
festgestellte Friede zwischen Katholiken und Protestanten. 
Dennoch erholte sich Deutschland wieder, und dass 
es sich aus einem dreilsigjährigen Kriege hat wieder auf- 
richten können, das ist ein Zeichen seiner unverwüst- 
lichen Kraft, seiner ursprünglichen, gesunden Natur. 
Unmittelbar nach dem Kriege dämmerte freilich kaum 
eine solche Hoffnung. Die Fremden, namentlich die 
Franzosen, gingen mit dem armen Deutschland fast nach 
Willkür um. Lu dwig XIV. genügte die Herrschaft über 
Frankreich nicht; seinem Befehle sollte Europa gehorchen. 
Durch den westfälischen Frieden (1648) war das 
deutsche Land Elsass Frankreich zugefallen. Plötzlich 
erklärte Ludwig, dass er auch noch diejenigen Orte er- 
halten müsse, die einmal im Lehensverband oder Erb-- 
vertrag mit Elsass gestanden hatten, wäre dies auch 
tausend Jahre her. Hatten seine Rechtsgelehrten einen 
solchen Ort in den Akten aufgefunden, so liels er so- 
gleich die alten Wappen wegreilsen und die Lilien, das 
Zeichen französischer Herrschaft, aufpflanzen; dabei 
steckten seine Soldaten oft ganze Städte und Dörfer in 
Brand. Während man auf dem deutschen Reichstage
	        
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