67. Nachtigall und Grasmücke. 73
Schön grün und roth ist der zweite, der Grünspecht. Er
wird so groß wie eine Taube. Die beiden andern dagegen
sind schwarz und weiß, als wäre ihr Kleid aus bunten Flecken
und Lappen zusammengesetzt.
Die Spechte sind Klettervögel und haben deshalb
Kletterfüße. Von den mit starkgebogenen, scharfen Krallen
versehenen Zehen sind nämlich zwei vorwärts und zwei, gleichsam
als Daumen dienend, rückwärts gestellt. Hiedurch ist es dem
Vogel möglich, sich an rissiger Baumrinde festzuhalten. Die
kurzen, steifen Schwanzfedern dienen dabei dem Körper als
Stütze.
— die stärksten Bäume des Waldes stehen, da hat der
Specht seine Werkstatt aufgeschlagen. Unter der schuppigen
Rinde der großen Waldbäume finden sich nämlich zahllose In—
sekten und deren Larven. Diese zernagen das Holz, nähren sich von
dem Safte der Bäume und verursachen dadurch oft das Aussterben
ganzer Waldungen. Dem Spechte sind aber diese Schmarotzer
Leckerbissen; deshalb sucht er die Bäume von ihnen zu be—
freien. Kaum graut der Tag, so beginnt er seine Arbeit.
Emsig klettert er die Baumstämme auf und ab, indem er mit
seinem geraden, langen, festen und spitzigen Schnabel fast unauf-
hörlich an die Rinde klopft. Merkt er, daß dieselbe hohl ist,
so hofft er, unter ihr Insektenlarven anzutreffen. Findet er
keinen Eingang zu dem hohlen Raume, so hackt er sich
einen solchen durch die Rinde. Nun streckt er seine lange,
wurmförmige Zunge, deren Ende hart, spitzig und mit Wider-
haken versehen ist, unter die Rinde, spießt die Larven an und
verzehrt sie. Der Nutzen, den der Specht durch Vertilgung
schädlicher Insekten stiftet, ist sehr hoch anzuschlagen. — Findet
er morsche Bäume, so hackt er, Nagewürmer suchend, tiefe Löcher
in dieselben, die dann theils ihm selbst, theils den Meisen,
Staaren 2c. als Brutstätten dienen. Ein Nest baut er nicht,
sondern das Weibchen legt drei oder vier Eier auf die Holz-
späne und das Wurmmehl.
Zu den Klettervögeln gehört auch der Kuckuck, ein scheuer Zugvogel
von der Größe einer Taube, den man wohl oft hört, aber selten zu sehen
bekommt. Da er seine Eier in so langen Absätzen legt, daß die ersten
faul sein würden, ehe das letzte zu Tage gefördert wird, so kann er sie
nicht selbst ausbrüten. Er legt sie deshalb in die Nester kleiner Vögel,
welche sie ausbrüten und seine Jungen ernähren. Da er eine außer-
ordentliche Menge von Käfern, Larven und Raupen vertilgt, so ist er
ein höchst nühlicher Vogel.
67. Nachtigall und Grasmücke.
Die geschüttesten unserer gefiederten Sänger sind die
Nachtigall, die Grasmücke und die Lerche. Wer dieselben
nach ihrem Aeußern beurtheilen wollte, der würde sie nicht
Lesebuch für ungetheilte Volksschulen. U. « 4