Full text: Die Landständische Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Baden.

Für Fälle eines auBerordentlichen, unvorhergeschenen dringenden Staatsbedürfnisses, dessen Betrag 
mit den Kosten einer auBerordentlichen Versammlung der Stände nicht im VerhältniB stcht. und 
Wozu das Creditvotum der Stände nicht reicht, ist dle Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses 
hinreichend, eine Geldaufnahme gültig zumachen. Dem nächsten Landtag werden die gepflogenen 
Verhandlungen vorgelegt. 
58. Es darf keine Domaine ohne Justimmung der Stände veräubert werden. Ausgenommen sind 
die zu Schuldentilgungen bereits beschlossenen Veräuberungen, Ablösungen von Lehen, 
Erbbeständen, Gülten, Zinsen, Frohndiensten, Verkäufe von erntbehrlichen Gebäuden, von Gütern 
und Getällen, die in benachbarten Staaten gelegen sind, und alle VeräuBerungen, die aus 
staatswirthschaftlichen Rücksichten zur Beförderung der Landes-Cultur oder zur Aufhebung einer 
hachtheiligen eigenen Verwaltung geschehen. Der Erlös muß aber zu neuen Erwerbungen 
verwendet oder der Schuldentilgungscasse zur Verzinsung übergeben werden. 
Ausgenommen sind auch Täusche und Veräußberungen zum Zwecke der Beendigung eines, über 
Eigenthums- oder Dienstbarkeitsverhältnissc anhängigen Rechtsstreits; ferner die Wiedervergebung 
heimgefallener IThron-, Ritter- und TKammerlehen, während der Zeit der Regierung des Regenten, 
dem sie selbst heimgetfallen sind. 
Da durch diesen und den § 57 der Zweck der pragmatischen Sanction über Staatsschulden und 
Staatsveräuberungen vom 1. OCKtober 1806 und vom 18. November 1808 vollständig erreicht ist, so 
hört die Verbindlichkeit derselben mit dem lage auf. wo die landständische Verfassung in 
Wirksamkeit getreten seyn wird. 
50. Ohanngeachtet die Domamen nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Staats- und 
Fürstenrechts unstreitiges Patrimonialeigenthum des Regenten und seiner Familie sind, und Wir sie 
auch in dieser Eigenschaft, vermöge obhabender Pflichten, als Haupt der Familie, hiermit 
ausdrücklich bestätigen, so wollen Wir dennoch den Ertrag derselben, auber der darauf radicinen 
Civilliste und außer andern darauf haftenden Lasten, 80 lang als Wir Uns nickht durch Herstellung 
der Finanzen in dem Stand befinden werden, Unsere Unterthanen nach Unserm innigsten Wunsche 
zu erleichtern, der Bestreitung der Staatslasten ferner belassen. 
Die Ciwilliste kann, ohne JZustimmung der Stände, nicht erhöhet, und ohne Bewilligung des 
Großherzogs, niemals gemindert werden. 
60. Nachstchende, die Finanzen betreffende Vorlagen gehen zunächst an die Zweite Kammer: 
1die Nachweisungen über den Vollzug der Staatsausgaben und -Einnahmen 
(Rechnungsnachweisungen) und die vergleichenden Darstellungen der Budgetsäkzc mit den 
Rechnungsergebnissen;: 
2. Gesctzentwürte, welche über die Verwaltung der Staatsausgaben und-Einnahmen oder über die 
direkten und indirekten Staatssteuern dauemde Bestimmungen treffen; 
3. den Emwurf des Finanzgesetzes (Auflagengesetze, 58§ 54 und 55) nebst dem Staatsvorschlag 
(Staatsbudget), sowie sonstige Entwürte über Bestimmung der Steuersätze für eine Budgetperiode, 
über Weräußberung, Belastung oder Verwendung des Staats- oder Domäncnvermögens, über 
Aufnahme von Anleihen, Ubernahme von Staatsbürgschaften oder von sonstigen 
Staatsverbindlichkeiten ähnlicher Art. 
8 61. Uber die in § 60 Ziffer 1 bezeichneten Vorlagen findet eine Beschlußfassung der Ersten 
Kammer statt, nachdem die ZAweite Kammer darüber beschlossen hat. 
UOber die in § 60 Ziffer 2 und 3 bezeichneten Entwürfe wird von der Ersten Kammer erst 
beschlossen, nachdem sie von der Zweiten Kammer angenommen worden sind, unbeschadet der 
Befugnis der Ersten Kammer, über die einzelnen leile des Staatsvoranschlags gesondert zu 
beschlichen, sobald die Beschluhfassung der Zweiten Kammer darüber erfolgt ist. 
Weichen hinsichtlich der einzelnen Posittionen des Staatsvoranschlags (Staatsbudgets) die 
Beschlüsse der Ersten Kammer von denen der Zweiten ab und ist auch bei wiederholter 
Beschluhfassung beider KTammern und nach vorausgegangenem Verständigungsversuch gemäh 57 
Absatz 2 eine Ausgleichung der Verschiedenheiten nicht zu erzielen, so werden diese Positionen im 
den dem Finanzgesetz anzuschliehenden Staatsvoranschlag so eingestellt, wie sich bei der 
endgültigen Beschlubfassung die zweite Kammer dafür ausgesprochen hat.