Lehnt die Erste Kammer einen von der Zweiten Kammer angenommenen Entwurf der in 8 60 Ziffer
3 bezeichneten Art im ganzen ab, so wird auf Verlangen der Regierung oder der Zweiten Kammer
in einer Gesamtabstimmung mit Durchzählung der in beiden Kammer abgegebenen Stimmen
darüber beschlossen, ob der Entwurk in der ihm von der zweiten Kammer gegebenen Fassung
anzunehmen sei.
62. Die alten auch nicht ständigen Abgaben dürfen nach Ablauf der Verwilligungszeit noch sechs
Monate fort erhoben werden, wenn die Stände-Versammlung aufgelöset wird, ehe ein neues Budget
zU Stande Kkommt, oder wenn sich die ständischen Berathungen verzögern.
;63. Bey Rüstungen zu einem Kriege und während der Dauer eines Kriegs Kann der Großherzog,
zur schleunigen und wirksamen Erfüllung seiner Bundespflichten, auch vor eingeholter
Zustimmung der Stände, gültige Staatsanlehen machen, oder Kriegssteuern ausschreiben. Für
diesen Fall wird den Ständen eine nähere Einsicht und Mitwirkung in der Verwaltung in der Art
eingeräumt:
1. daB der alsdann zusammen zu berufende Ausschuß zwey Mitglieder an die Ministerien der
Finanzen und des Kriegs und einen Commissär zur Kriegscasse abordnen dart, um darauf zu
Wachen, daß die zu Kriegszwecken erhbobenen Gelder auch wirklich und ausschlichlich zu diesem
Zwecke verwendet werden, und daß derselbe
2. Zu der jeweils, wegen Kricgsprästationen allcr Art aufzustellenden Kriegscommission eben so
viele Mitglieder abzugeben hat, als der GroBherzog, ohne den Vorstand zu rechnen, zur Leitung des
Marsch-, Verpflegungs- und Lieferungswesens ernennt. Auch soll der AusschuBß das Recht haben,
zu gleichem Zweck einer jeden Provinzialbehörde, aus der Zahl der in dem Provinzbezirk
Wohnenden Ständeglieder zwey Abgeordneten beyzugeben.
G. Kein Gesetz, das die Verfassungsurkunde ergänzt, erläutert oder abändert, darf ohne
Zustimmung einer Mehrheit von zwey Drittel der anwesenden Ständeglieder einer jeden der beyden
Kammern gegeben werden.
05 Zu allen anderen, die Freyhei der Personen oder das Eigenthum der Staatsangchörigen
betreffenden allgemeinen neuen Landesgesetzen, oder Zzur Abänderung oder authentischen
Erklärung der bestchenden, ist dic Zustimmung der absoluten Mehrbeit einer jeden der beyden
Kammenn erforderlich.
05a. Das Recht., Gesctze vorzuschlagen, stcht dem Grobherzog sowie jeder Tammer zu.
ü66. Der Crobherzog bestätigt und promulgirt die Gesetze, erlähßt die zu deren Vollzug und
Handhabung erforderlichen die aus dem Aufsichts- und Verwaltungsrecht abflichenden und alle
für die Sicherheit des Staats nöthigen Verfügungen, Reglements und allgemeinen Verordmungen. Er
erläht auch solche, ihrer Natur nach zwWar zur ständischen Berathung geeignete, aber durch das
Staatswohl dringend gebotene Verordnungen, deren vorübergehender Zweck durch jede
Verzögerung vereitelt würde.
8 67. Die Kammern haben das Recht der Vorstellung und Beschwerde; Verordnungen, Worinnen
Bestimmungen eingeflossen, wodurch sic ihr JZustimmungsrecht für gekränkt crachten, sollen, auf
ihre erhobene gegründete Beschwerde sogleich auBer Wirksamkent gesetzt werden. Sie Kkönnen den
GroBhherzog unter Angabe der Gründe um den Vorschlag eines Gesetzes bitten. Sie haben das Recht,
Mißbräuche in der Verwaltung, die zu ihrer Kenntniß gelangen, der Regierung anzuzeigen.
Beschwerden einzelner Staatsbürger über Kränkung in ihren verfassungsmäßigen Gerechtsamen
Können von den Kammern nicht anders als schriftlich, und nur dann angenommen werden, wenn
der Beschwerdeführer nachweißt, daß er sich vergebens an die geeigneten Landesstellen und zuletzt
an das Staats-Ministerium um Abhülfe gewendet hat.
Zu Beschwerden, welche die Beschuldigung einer Verletzung der Verfassung oder
Verfassungsmäßiger Rechte enthalten, ist die Zweite Kammer allein befugt. Jedoch steht der LErsten
Kammer dasselbe Recht der Beschwerde an den Grobhherzog wegen Verletzung ihrer
Verfassungsmähbigen Rechte zu. Die Beschlüsse über derartige Beschwerden erfordern die in § 07#
Vorgeschriebene Stimmenmehrheit.
Zu anderen Vorstellungen an den Großherzog sind beide Kammern, sie es in Gemeinschaft, sei es
jede für sich allcin, berechtigt.