Full text: Die Landständische Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Baden.

Eine Bitte um Vorlage eines Gesetzes darf nur dann von einer Kammer an den Großherzog gebracht 
werden, wenn dieselbe zuvor der anderen Kammer mitgetheilt und dieser Gelegenheit gegeben 
Worden ist, sich darüber auszusprechen. 
IVa . Von den Anklagen gegen die Minister 
§ 0 (lI) Die zweite Kammer hat das Recht, die Minister und Mitglieder der obersten 
Staatsbehörde wegen einer durch Handlungen oder Unterlassungen wissentlich oder aus grober 
Fahrlässigkeit begangenen Verletzung der Verfassung oder anerkanmer verfassungsmähßiger Rechte 
oder schweren Gefährdung der Sicherheit odder Wohlfahrt des Staates förmlich anzuklagen. 
(2) Ein solcher Beschluß erfordemt die in den 85 64 und & für Verfassungsänderungen 
Vorgeschriebene Stimmenzahl; die Jurücknahme desselben Kkann mit einfacher Stimmenmehrheit 
geschehen. 
(3) Das Anklagerecht der zweiten Kammer wird durch die Entfermung des Angeklagten vom 
Dienste, mag sie vor Oder nach erhobener Anklage erfolgen, nicht aufgehoben. 
(d) Im Falle der Verurtheilung ist die Emlassung des Angeklagten aus dem Staatsdienste zu 
erkennen. 
(SI) Diese Folge der Verurtheilung kann nur auf Antrag oder mit Zustimmung der Stände wieder 
aufgehoben werden. 
(6) Ueber etwaige Ensschädigungsforderungen stcht dem Staatsgerichtshof keine Emscheidung u. 
Ss 07b. (I) Das Richteram über die im vorigen Paragraphen erwähnte Anklage übt die Erste 
Kammer als Staatsgerichtshof in Verbindung mit dem Präsidenten des obersten Gerichtshofs und 
acht weitern Richtern aus, welche aus den Kollegialgerichten durch das Loos bezeichmet und der 
Ersten Kammer beigeordnet werden. 
#) Dem Angeklagten und den Vertretern der Anklage steht ein Ablehnungsrecht zu. 
(3) Der Präsident der Ersten Kammer hat den Vorsitz. Sein Stellvertreter ist der Präsident des 
obersten Gerichtshotes. 
(d) Das Nähere über die Bildung des Staatsgerichtshofes, sowic das Verfahren bei demselben, wird 
durch ein gemeines Gesetz bestimmt. 
§ 07. (I) Wird ein Minister oder ein Mitglied der obersten Staatsbehörde beschuldigt, zugleich mit 
den in S§ 07a erwähnten Verletzungen, oder auch ohne eine solche, ein Staatsverbrechen oder eim 
gemeines Verbrechen durch MiBbrauch seines Amts begangen zu haben, so ist die ZAweite Kammer 
befugt, zu beantragen, daß der Staatsgerichshof den Beschuldigten wegen dieses Vergehens vor das 
zuUständige ordentliche Strafgericht zur Aburtheilung verweise. 
(2) Dieser Antrag ist in den in § 07a vorgeschriebenen Formen zu beschlichen und mit der Anklage, 
Wo eine solche stattfindet, zu verbinden, andernfalls aber selbständig bei dem Staatsgerichtshof zu 
stellen. 
* 0d. (I) Die während der Ständeversammlung von der Zweiten Kammer beschlossene Anklage 
Wird auch nach der Vertagung oder dem Schlusse des Landtages von den erwählten Kommissären 
Verfolgt und die Erste Kammer gilt in Bezichung auf diesen Gegenstand nicht als vertagt oder 
geschlossen. 
(2) Dasselbe gilt von der Auflösung der Ständeversammlung, jedoch wird die Schlußverhandlung 
und Entscheidung über die Anklage bis nach Ablauf der in § 44 der Verfassungsurkunde 
festgesctzten Frist verschoben. 
§s 0e. (I) Hat zur Zeit der Einberufung einer neuen Ständeversammlung der Staatsgerichtshof das 
Urtheil noch nicht gefällt, so wird derselbe neu gebildet, und die ZAweite TKTammer wählt aufs Neue 
die Kommissäre zur Vertretung der Anklage. 
(2) Erfolgt jetzt eine abermalige Auflösung, so bleibt die von der Zweiten Kammer gewählte 
Kommission zur Vertretung der Anklage ermächtigt und ebenso der Staatsgerichtshof in dem 
früheren Bestand. 
§ 07 . (I) Das Recht der Anklage erlischt drei Lahre von dem Zeipunkte, wo die verletzende 
Handlung zur KenntniB des Landtages gekommen ist, wenn die Zweite Kammer jenes Recht nicht 
Wenigstens durch den Beschluß, den Antrag auf Erhebung einer Anklage in Betracht zu ziehen,
	        
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