Dritter Abschnitt.
Grundgedanken der Lehre vom Schadenersatz').
Bevor wir im einzelnen auf den geltenden Rechtszustand des Kriegs-
schadenersatzes eingehen, erscheint es zweckmäßig, zunächst noch einen #ber-
blick über die Entwicklung der allgemeinen Lehren vom Schadenersatz zu
geben. Da, wie schon erwähnt, das geltende Recht offenbar nicht ausreicht,
steht die Aufgabe vor uns, ein neues zu formen, und bei der Lösung dieser
Aufgabe werden wir zunächst uns danach umsehben müssen, wie denn über-
haupt in unserem Recht der Schadenersatz ausgebildet sei.
Den einfachsten, ursprünglichsten Grund des Schadenersatzes bildet der
Begriff der Arsache. Es liegt so nahe, denjenigen, der einen Schaden
verursacht, auch für ihn hafter zu lassen. Aus einer solchen, schon in alten
Zeiten anerkannten Ursachenhaftung hat sich mit der Zeit die Haftung für
Verschulden herausgebildet. Das war eine Einschränkung. Jetzt haftete
man nicht mehr für alles, was man verursacht hatte, sondern nur für das,
was man schuldhaft begangen. Darüber, was unter einem solchen, eine
Ersatzhaftung begründenden Verschulden zu verstehen sei, hat man in der
Rechtslehre viel gestritten. Als die entscheidenden Merkmale dürfte man
zwei bezeichnen: erstens muß die Möglichkeit einer Vermeidung des
Schadens vorgelegen haben und zweitens eine nach allgemeiner Auffassung
besteheende Pflicht, diese Möglichkeit nicht ungenutzt zu lassen. Nachdem im
Laufe von Jahrhunderten die Schadenersatzlehre allmählich von der reinen
A1rsachenhaftung mehr und mehr zur Schuldhaftung übergegangen war,
a##nderte sich das Bild der Entwicklung, als neue Lebensvorgänge in die Er-
scheinung traten, für welche weder eine Haftung des Ursächers noch die des
Schuldigen ausreichte. Es ergab sich nämlich besonders aus der Verwer-
tung gewaltiger Naturkräfte in menschlichen Betrieben, daß man häufig
1) Hierzu besonders die in dem Schriftenverzeichnis genannten Werke von Hede-
mann, Mataja, Mauczka und Rümelin, sowie die Verhandlungen des 31. deutschen
Juristentages