Deutschland. 43
22. „ (Hessen-Darmstadt). Die II. Kammer verweigert dem Mi-
nisterium neuerdings mit allen gegen 8 Stimmen die Vollmacht
zum Abschluß von Handelsverträgen.
23. „ (Bayern). Eröffnung des Landtags. Thronrede des Königs:
„ . . . Die Neubildung der Kammer der Abgeordneten ist in Wahlen,
deren Freiheit Meine Regierung in keiner Weise beseitigt hat, und unter dem
frischen Eindrucke lebhafter Erörteruhigen über die eingreifenden Fragen er-
folgt, welche dermalen ganz Deutschland beschäftigen. Hiedurch wird Mir eine
ausreichende Gewährschaft geboten, daß Ich durch das Organ dieses Land-
tages den unverfälschten Ausdruck der öffentlichen Meinung über jene Fragen
vernehmen werde. Es wird Mir zur hohen Genugthuung gereichen, auf
diesem Wege Mich in der Ueberzeugung bestärkt zu sehen, daß Meine Politik
mit den Wünschen und Sympathien Meines treuen Volkes im Einklange sich
befindet. Ich habe im Vereine mit mehreren deutschen Regierungen am Bunde
einen Antrag stellen lassen, durch welchen Ich das Werk gemeinsamer Gesetz-
gebung fördern und gleichzeitig eine Reform der Bundesverfassung
anbahnen zu können glaubte. Dieser Versuch ist gescheitert, Ich werde Mich
indessen hiedurch nicht abhalten lassen, zu jeder den wahren Bedürfnissen
Deutschlands entsprechenden Ausbildung des Bundesverfassung, unter ent-
schiedenem Festhalten an der Selbständigkeit Bayerns, bereit-
willig und kräftig mitzuwirken. Die Vorsorge für die materiellen Interessen
des Landes und für Aufrechthaltung seiner Unabhängigkeit, so-
wie die Rücksicht auf die Handelsbeziehungen zu einem benachbarten Bundes-
staate haben auch Mich bestimmt, dem von der königlich preußischen Regierung
im Namen des Zollvereins mit Frankreich abgeschlossenen Handelsvertrage
in seiner dermaligen Fassung nicht beizutreten. Die hieraus für den Fortbe-
stand des Zollvereines abgeleiteten Besorgnisse vermag Ich nicht für begründet
zu erkennen. Ich gebe Mich vielmehr gerne der Hoffnung hin, daß die nicht
nur auf Erhaltung, sondern auch auf Erweiterung des Zollvereines gerichteten
Bestrebungen Meiner Regierung von segensreichem Erfolge werden begleitet
sein. Die Lage der europäischen Verhältnisse ist leider nicht so gestaltet, daß
sie eine Verminderung der bayerischen Wehrkraft als räthlich erscheinen ließe.
Die Vaterlandsliebe der Kammern wird vor den Anstrengungen nicht zurück-
treten, welche die Ehre und Unabhängigkeit Bayerns erheischt. Die
Gunst der Umstände wird gestatten, ohne erhöhte Inanspruchnahme der Steuer-
kraft das Erforderliche vorzukehren.... Es ist mir nicht entgangen, daß die
Gesetzgebung Meines Landes im Bereiche der inneren Verwaltung in mehrfacher
Beziehung einer Umgestaltung bedarf. Die Gewerbsfrage befindet sich in
einem Uebergangsstadium, welches eine Lösung auf gesetzlichem Wege erfor-
derlich macht. Es gilt hiebei, die Anforderung freier Bewegung mit bestehen-
den Rechten und Interessen in möglichst schonender Weise auszugleichen. Eine
wahrhaft gedeihliche Erledigung dieser Angelegenheit ist aber durch gleichzeitige
umfassende Reformen auf dem Gebiete der Gemeindeverwaltung, der Armen-
pflege, der Ansässigkeits= und Heimathsgesetzgebung bedingt. Von der Er-
kenntniß der tiefeingreifenden Wichtigkeit dieser Reformen durchdrungen, ist
Meine Regierung angelegentlich mit denselben beschäftigt. Aber wie schwierig
auch diese Gesammtaufgabe sich gestalten mag, — redlichem Eifer, gepaart
mit patriotischer Opferwilligkeit, wird es gelingen, den Weg ersprießlicher Lö-
sung zu finden, — zum sprechenden Belege dafür, daß jede Schwierigkeit zu
bewältigen ist, wo die Krone und die Vertreter der Nation in wechselseitigem
Vertrauen sich begegnen."
24. „ (Hamburg). Die Bürgerschaft verwirft den von ihrem Aus-
schusse ausgearbeiteten Antrag auf Einführung eines Milizsystemes
wie in der Schweiz mit dem Prinzip allgemeiner Wehrpflicht.