— 448 —
Hinwieder stand das sieggekroͤnte Frankreich jetzt maͤch-
tiger, denn je, da. Napoleon bauete auf der Grund-
lage seiner Eroberungen neue, riesenhafte Entwürfe. Sein
Interesse verwandelte er zum Interesse aller Mächte des
Festlandes. Er trat dem großen ziele jetzt näher, als es
je moglich geschienen, nämlich die Thronen des ganzen
Welttheils mit sich im Verein zur Beugung von Eng-
lands Macht zu erblicken.
Vieles, was er noch Ende des Jahres 1800 aus-
gesprochen hatte, z. B., daß der Rheinstrom Frankreichs
Grenze, die Unabhängigkeit der Hansestädte geborgen blei-
ben sollte u. s. w., gab er nachmals wieder auf, da ihn
sein unermeßliches Glück zu berechtigen schien, weiter
zu schreiten, als er selbst Anfangs gedacht haben mochte.
Wenigen Sterblichen ist verliehen, mit derselben Stärke
die Liebkosungen, wie die Verfolgungen des Schicksals
zu tragen.
Unter allen Staaten des rheinischen Bundes hatte
auch in diesem Kriege Baiern am schwersten gelitten, den
meisten Kraftaufwand gemacht. Und wie es bei jedem
der bisherigen Friedensschlüsse eine unaufhrliche Verän-
derung seiner Grenzen, durch Verluste oder Erweiterun=
gen, hatte erfahren müssen, so geschah es auch diesmal
wieder. Kraft der, als Folge des Wiener-Friedens ab-
geschlossenen Staats-Verträge (25sten Juni 1810) trat es
an die illirischen Provinzen und das Kbnigreich Italien
diejenigen Theile Tirols ab, ) welche ihm durch ihren
Wein= und Seidenbau bedeutsam werden konnten; und
ver-
*) Nämlich: den von 226,500 Seelen bewohnten Etschkreis,
das Gericht Klausen, mit 10,500 Seelen, und die Land-
gerichte Botzen 2c. im Eisackkreise, mit 44,500 Seelen.