Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

98 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. s II. 
der sreien Niederlassung innerhalb des Staatsgebietes, welches unter dem Aus- 
drucke Freizügigkeit vorzugsweise verstanden zu werden pflegt, ist in Bayern schon 
vor dessen Eintritt in das Reich zur gesetzlichen Anerkennung gekommen. 
Wenn schon in Verordnungen aus dem Anfange dieses Jahrhunderte von allgemeiner 
oder unbedingter Freizügigkeit innerhalb Beyerus die Rede ist, so ist dies allerdings 
wesentlich auf die Freiheit von der Nachsteuer bei der Uebersiedelung von einem Theile 
des unter der Herrschaft des bayerischen Landesherrn vereinigten Gebietes in den anderen zu 
beziehen?), wie diese durch V.-O. vom 26. Februar 1780 (Mayr, Samml. der kurpfalzbaier. 
allgem. und bes. Landesverordnungen 1784 Bd. 1. S. 427 ff.) Hrundsählich ausgesprochen und 
durch spätere Verordnungen (29. Dezember 1802 R.-B. 1803 S. ff., 28. September 1806 R.-B. 
S. 369 ff.) auf die neu erworbenen Gebietstheile ausgedehnt worden war. Auch die „Wahl 
des Domicils“ selbst wurde bereits im 18. Jahrhundert als grund säßlich frei betrachtet, 
doch waren sehr erhebliche Beschränkungen der Niederlassung für Unvermögliche und vor Allem 
sehr eingreifende Aufenthaltsbeschränkungen für Bettler landesgesetlich eingeführt worden . 
ine allgemeine und anehen Regelung fanden die mit Aufenthall und Niederlassung 
susammenhängenden Verhältnisse für das dieerheimische Bayern durch die Gesegebung vom 
September 1825 ); insbesondere das Gesetz über die Heimath kommt hier in Betracht. 
Ma demselben gewährt vor Allem die Heimath in einer-Gemeinde den Auspruch auf 
Wohnsitz (( 5 Abs. 1), daneben ist aber das Prinzip der Aufenthaltsfreiheit aus- 
drücklich anerkaunt, indem das Gesetz verfügt: „Jedem Staatsangehörigen sieht frei, auch außer 
seiner Heimath sich allenthalben im Königreiche mit den Seinigen aufzuhalten, insosern er sich mit 
seiner Familie auf erlaubte Weise ernährt, und ihm nicht solche Rücksichten entgegenstehen, welche 
auf Gesetze und Verordnungen gegründet sind.“ (§ 6.) Abgesehen von der in diesen letzten Worten 
liegenden, möglicher Weise sehr einschneidenden Beschränkung der Aufenthaltsfreiheit wurde dieselbe 
aber in ihrer Bedeutung thatsächlich erheblich beeinträchtigt durch den übrigen Inhalt dieser Gesetz- 
gebung von 1825, insbefondere nach der Gestaltung, welche das Institut der sog. Ansässig- 
machungt) in der Revision des auf diese und die Verehelichung sich beziehenden Gesetzes im 
Jahre 1834 erfahren hatte. Die Ansässigmachung und die Ansässigkeit im Sinne 
dieser Geseygebung sind formale rechtliche Begriffe, so daß mit der thatsächlichen 
Niederlassung Ansässigmachung und Ansässigkeit in diesem Sinne regelmäßig, aber nicht rechtlich 
nothwendig, verbunden ist. Die Bedeutung der Ansässigmachung in diesem Sinne lag hauptsächlich 
darin, daß sie die wichtigste Art der Erwerbung der Heimath in einer Gemeinde darstellte 
(Heimalhges. vom 11. September 1825 § 1 Ziff. 2) und daß die Möglichkeit rechtswirlsamer 
Eheschließung von ihr abhing (5§ 8 des Ges. über die Ansässigmachung und Verehelichung). Die 
Ansässigkeit trat theils bei dem Vorhandensein gewisser Voraussetzungen (mit dem definitiven 
Eintritt in ein öffentliches Amt des Staales, der Kirche oder der Gemeinde und bei der Ver- 
leihung einer persönlichen Gewerbskonzession) von selbst ein, theils und zumeist war ihr Erwerb 
von einem rechtskräftigen Beschluß der zuständigen Verwallungsbehörde über das Vorhandensein 
der abgesehen von diesen Fällen gesetzlich geforderten Vorbedingungen abhängig. Diese letzteren 
aber waren bei der Revision des Ansässigmachungogeselzes durch das Geset vom 1. Juli 183|, 
nicht unerheblich erschwert worden, namentlich durch die Anerlennung eines weitgehenden Wider- 
spruchsrechtes der betressenden Gemeinde gegen die Ansäsihimachung 8 1-5 des Ansässig- 
machungsgesees [5 2 ff. in der Fassung vom l. Juli 4 G.-B. 
In der Pfalz bestand von der französischen Sens ber 1 und Niederlassungs- 
freiheit, doch war mit der Niederlassung in einer andern als der Heimathgemeinde die Verpflich- 
tung zur Bezahlung des Bürgeinzugsgeldes (Bürgergeldes) verbunden und so auch für die Pfalz 
eine nicht unerhebliche Beschränkung der Freizügigkeit geschafsen worden durch die V.-O. vom 
9. August *½p 
1) In gleichem Sinne ei es ig der „Freigagigkeito. Convention mit dem Großherzogthum 
Hessen vom I11. Mai 1808 (N.-B. as.) § 2: „da jedoch die Freizügigkeit ihrer 
Natur nach nur auf das Vermögen önl un auf die Personen sich bezieht 
2) Ueber die für die hier in Betracht kommenden Verhältnisse seit der bayer. Landesgesetz- 
gebung von 1616 bis zu der von 1825 geltenden Rechtsbestimmungen und ihren geschichtlichen 
Zusammenhang vgl. v. Riedel, Commentar zum Bayer. Ges. über Heimath, Verehelichung und 
Ausenthalt vom 16. Aprik 186 6 5. Aufl. von v. Müller. Nördl. 1881. Einl. S. 2 ff. Von 
besonderer Bedeutung sind namentlich die sog. Bettelmandate vom 27. Juli 1770 und 3. März 1780. 
3) Ueber die Entwicklung der hier fiuschlagenden Gesetzgebung von 1825 bis 1868 vgl. 
v. Riedel und v. Müller a. a. O. 27 
Vgl. über Zegrin und Bedeutung ur Ansässigmachung die ausführliche und lehrreiche 
Darstellung von Brater im 3. und 4. Bande der Bl. "4 adm. * axis. 
Vgl. hiezu die Aussudrungen von — s. in den Bl. f. adm. Praxis Bd. 2 S. 169 ff. 
(S. ½6 ff. ist die V.--O. vom 9 #½. 1816 abgedruckt) 290 ff. und Bd. 15 S. 113 ff., ferner 
v. Riedel und v. Müller S. 4 1 ff.
	        
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