Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

811. Die Rechte der Unterthanen. 105 
jeglicher Eheschließung außer Landes und die Ungiltigkeit aller so im Aus- 
lande boschlossener Chen ausgesprochen ist. Die B.-O. vom 17. Nov. 1816 das Armen- 
wesen betr. (R.-B 779 ff.) verordnete die vorläufige Vernehmung der damals in jeder 
Gemeinde gebildeten h vor der Ertheilung von Heirathsbewilligungen an 
unangesesseue Leute, und die Gemeindeordnung vom 17. Mai 1818 (oben S. 17) erklärte 
die Magistrate der Städte und Ardßeren Märkte für zuständig zur Ertheilung der 
Heirasbewisigungen (8 62)) 
Das Gesetz vom 11. September 1825 über Ansässigmachung und Vereh 
lichung, welches mit den Veränderungen, die es durch das Gesetz vom 1. Juli 183. Fscht, 
bis zur neuesten Zeit wirksam geblieben ist, hat (in § 8) im Anschlusse an den bis dahin in 
Bayern ausgebildeten Rechtszustand die Eheschließung allgemein als von einer obrig- 
keitlichen Erlaubniß abhängig erklärt, welche aber unter gewissen Voraus-) 
setzungen nicht sollte verweigert werden. können. Dabei war die Eheschließung 
mit der Ansässigmachung im formellen Sinne des Wortes in der Art in Beziehung 
esetzt worden, ut die Verehelichung nicht ohne die vorausgegangene oder gleichzeitige An- 
olehttcn vorgenommen werden konnte ), und daß, falls letztere der Verehelichung schon 
vorausgegangen war, die Erlaubniß zur Eheschließung nicht ohne einen jetzt noch vorhandenen 
Rechtslitel der Anäffigmachung gewährt werden konnte. War so die Eheschließung mittel- 
bar in weitem Umfange von der Zustimmung der Gemeinde, in der man sich ansässig 
machen wollte, abhängig geworden, so war außerdem die Verehelichungserlaubniß zu verweigern 
nicht nur bei dem Vorhandensein privat= oder kirchenrechtlicher Hindernisse, sondern auch 
mit Rücksicht auf entgegenstehende „außerordenkliche Polizeirücksichten“ die besonderen 
Voraussetzungen der Eheschließung für „die im öffentlichen Dienste angestellten Personen“, (dienst- 
liche Bewilligung) wurden dabei ebensowohl aufrecht erhalten, wie das Verbot der Ehe- 
schließung im Auslande und der kirchlichen Trauung ohne vorgängige obrigkeitliche Heiraths- 
bewilligung. In einer bayerischen Gemeinde sich ansässig machende Ausländer sollten in Bezug 
auf die Verehelichung den Inländern rechtlich gleichstehen:). Die Pfalz erscheint auch in dieser 
Hinsicht als besonderes Rechtsgebiet, insoferne für die sich dort verheirathenden Pfälzer der 
Grundsatz voller Verehelichungsfreiheit herrschte" 
Das Gesetz über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt vom 16. April 1868 
hat in seinem II. Titel: Von der Verehelichung die öffentlich-rechtlichen 
Voraussetzungen einer rechtsgiltigen Eheschließung neu geregelt, unter Anschluß allerdings 
an das besteheude Recht, allein mit tief greifender Beränderung desselben. Ausdrücklich 
ist in Art. 32 für jeden Angehörigen der Landestheile diesseits des 
Rheines das Recht, sich unter den weiter im Gesetze angegebenen Voraussetzungen 
zu verehelichen, anerkannt. Als nächste dieser Voraussehungen erscheint die Ausstel- 
lung eines obrigkeitlichen Zeugnisses darüber, daß der Verehelichung keines der im 
Gesetze selbst begründeten Hindernisse entgegenstehe, dessen Ausstellung wieder vor Allem 
bedingt ist von dem Nichtbestehen eines Einspruches seitens der Heimath- 
gemeinde des Mannes. Indem nänmlich die Verehelichung nunmehr von der Verbin- 
dung mit der als formales Rechtsinstitut überhaupt ausgehobenen Ansässigmachung gelöst 
ist, ist doch andererseits ein Recht der Gemeinde, aus gesetzlich bestimmten Gründen gegen 
die Verehelichung eines in ihr Heimathberechtigten hindernden Einspruch zu erheben, 
anerkannt mit Rücksicht auf die nach dem Gesetze nothwendiger Weise eintretende Ent- 
stehung des Heimathrechts in der Heimathgemeinde des Mannes für die Ehefrau und 
die ehelichen Kinder (Art. 3, 4 und 1 Abs. 2 des Ges. vom 16. April 1868) und 
auf die mit der Heimath gegebene Unterstützungspflicht der Gemeinde für den 
  
1) VBgl. auch v. Riedel und v. Müller a. a. O. S. 21 ff., wo der wesentliche Inhalt 
der V.-O. vom 12. Juli 1808 angegeben ist. 
2) So nach der richtigen und auch in der, MVrris festgehaltenen Auslegung des Gesetzes; 
vgl. Brater in den Bl. f. adm. Pr. Bd. 4 S. 305 ff. 
3) Ueber das bayerische ** der Zeit zwischen 1825 und 1868 pgl. außer 
v. Riedel und v. Müller a. a. O. 7 ff. die eingehende Darstellung Brater's in den Bl. 
f. adm. Pr. Bd. 4 S. 305 ff., 321 ff., s p 
Val. — s. in den Bl. f. adm. Pr. B. 15 S. 119 ff. und v. Riedel und v. Müller 
4O. S. 48. Nur die Nothwendigkeit der Erfüllung der Armeepflichtigkeit (§ 13 des Heer- 
Freungsorl. vom 15. Aug. 1828) erschien hier als allgemeine öffentlich-rechtliche Beschränkung 
des Verehelichungsrechtes.
	        
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