108 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 8 11.
Reichsgesetzes der Eheschließung vorausgehen soll ). Andererseits genügt, wenn die Bekannt-
machung in einer Gemeinde der Pfalz oder sonst außerhalb Bayerns zu erlassen ist, die
Beobachtung der dort für Aulgebote geltenden Vorschriften, also, falls es sich um eine im Gebiete
des Deutschen Reichs liegende Gemeinde handelt, das Alusgeot durch den Standesbeamten
nach dem Reichsgesetze vom 6. Februar 1875 (Art. 35 Abs. 4)"). Ein von einem „Betheiligten“
einnerhalb der gesetzlichen Frist“ aus civilrechtlichen Gründen erhobener Einspruch, dessen Geltend-
machung bei Gericht von ihm binnen 10 Tagen nach Abgabe der desfallsigen Erklärung“ nach-
gewiesen wird, verpflichtet die Distriktspolizeibehörde, das Zeugniß „so lange zu versagen, bis
durch Beibringung eines Bescheides des zuständigen Gerichts die legale Beseitigung des erhobenen
Einspruchs nachgewiesen wird“ (Art. 35 Abs. 5.). Findet ein in solcher Weise erhobener Ein-
spruch bei der Distriktsverwaltungsbehörde „keine Berücksichtigung“, so kann gegen den Beschluß
derselben, innerhalb einer Nothfrist von 11 Tagen Beschwerde an die vorgesetzte Kreisregie-
rung K. d. J.“ ergriffen werden, welche nach kollegialer Berathung in zweiter und letzter Instanz
#entscheiden hat" (Art. 40 Abf. 1. 2 Ziff. 3)). Auch ohne daß einnerhalb der gesetzlichen
Frist“ ein civilrechtlich begründeter Einspruch erhoben wurde, hat die Distriktsverwaltungsbehörde,
wenn es „amtsbekannt oder aus bestimmten Gründen wahri hei#tich ist, daß gleich-
wohl der beabsichtigten Ehe ein civilrechtliches Verbot hindernd im Wege steht“, „binnen längstens
drei Tagen nach Empfang der Bekanntmachungsurkunde zu verfügen, daß durch Bestätigung des
Stadt-= oder Landgerichts (jetzt des Amtsgerichts), in dessen Bezirk die zunächst von jenem
ECheverbot betroffene Person ihren Wohnsitz hat, das Nichtvorhandensein oder die legale Besei-
tigung des in Frage stehenden Ehehindernisses nachgewiesen werde“. Sie W 6 zur Beibringung
dieses Nachweises das Verehelichungszeugniß zu verweigern#) iri 35
Tas der Gemeinde, in welcher der Mann seine Heimath nae Wahrie Recht des
. E znspnches gegen die Ausstellung des derehenlere sollte nach der bei Aufstellung
der Gründe dieses Einspruches im Gesetze vom 16. April 1868 maßgebenden Absicht die Interessen der
Gemeinde gegen Gesährdung durch die Unfähigkeit der die Eheschließung Beabsichtigenden „zur
Ernährung und entsprechenden Leitung einer Familie“ sichern. Der durch die Königliche Delkla-
) Und zwar nach der Fassung und der Geschichte der betreffenden Gesetzesbestimmung voll.
ständ so daß die Art. 44—51 des Reichsges. vom 6. Febr. 1875 über das Aufgebolt des
Standelealuten enn dieses Aufgebot keine Anwendung finden. Vgl. insbesondere die Maufet
rung des Abg. Marquardsen zur Fegründung des Antrages, dem die Bestimmung in §8 7
Abs. 2 des Reichsges. vom 6. Febr. 1875 ihre Entstehung verdankt, in der Sitzung des nns
lags vom 28. März 1874 (Sien#ar. Bericht S. so ferner de Commentare zum Reichsges. vom
6. Febr. 1875 von Hin ch iu Aufl. Berlin 1876 S. 155 ff. und (in aussührlicher Darstellung
und Wmix-md? e Mnschteyh H. v. Sicherer in Bezold's Gesegebung d. D.
Reichs T 1. Erl. 187 574 ff. zu § 74 Abs. 2. keierennstmmendt v. 3 und v. Müller
a. a O. ta i ff., 197 . fk. euerdlngs wieder Reger in seiner Ausgabe des Reichsges. vom
6 Febr. 1875, Ansb. 1882 S. 59 ff. und des bayer. Ges. vom 16. April 1868, Ansb. 1884
47 ff. Gegen die Annahme, daß die Bestimmungen in § 50 des Reichsges. vom 6. Febr. 1875
Wer die Dispensation vom Aufgebot und das Wegfallen desselben bei lebensgefährlicher
Krankheit auf das Aufgebot des bayerischen Rechtes Anwendung finden können, vgl. insbesondere
noch Roth, bayer. Civikrecht 1. 2. Aufl. S. u390, der geltend macht, daß das bayer. Heimathgef.
in Art. 34 eine Ausnahme von den Vorausfehungen, der Ausstellung des Verehelichungszeugnisses,
also auch des Aufgebots, nicht statuirt. Ueber eine in der Praxis anerkannte Ausnahme pgl. die
solgende Anmerkung.
enn ein im Auslande vorzunehmendes Aufgebot nicht bewirkt werden kann, so kann
allerdings bei Ausstellung des Verehelichungszeugnisses von demselben abgesehen werden. Dieser,
bei den Verhandlungen über das Gesetz in de besondern Ausschusse der K. d. A. für die
Gesetze über das Hemeindewesen u. s. w. (Abth. II. S. 181) ausgesprochene Grundsatz wird aner-
kannt in einer M.-E. 6. Dezember 1879 ass sbl. des Minist. d. J. S 600 fl.), und
soll nach derfelben auch Wwend ung finden, wenn es sich um die een h einer heschslezung
im Auslande nach dem Bundes-(Reichs)-Gesetz vom 4. Mai 1870 handelt, da das in demselben
(§ 3 ff.) normirte, durch den zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigten diplomatischen Ver-
treter des Deutschen Reichs zu bewirkende Aufgebot durch ein landesrechtliches nicht ersetzt wird
und das Gesetz vom 4. Mai 1870 „keine Verpflichtung“ desselben, „ein anderes Aufgebot als das
eben bezeichneke, vorzunehmen“ kennt.
3) Ueber die Unzuständigkeit des Detunggerichtshofes in solchen
Fällen vgl. die Sammlung von dessen Entscheidungen IV. S. 133 ff.
4) Falls nicht auf fonstige Weise solche aus Kscchulccha Grunden tbestehende Bedenken
gegen die Ausstellung des Zeugnisses gehoben sind (v. Riedel und v. Mül a. O. S. 200
Ziff. 14, Samml. der Enisch. z Verwaltungsgerichtshof. II. S. 429). Die sohrris. vom
5. Dez. 1875 zum Reichsges. vom 6. Febr. 1875 (Amtsbl. d. Minist. d. J. S. 675 ff.) III. A. 1.
erklärk. daß es für die Distriktsverwaltungsbehörden mit Rücksicht auf die Aussteilung 7 l
lichungszeugnisses veranlaßt sei, „daß wenigstens das Vorhandensein der positiven Voraus-
setzungen der Eheschließung geprüft werde“ und ertheilt hiefür die näheren Anweisungen.