Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

L Die Rechte der Unterthanen. 111 
ein, wenn „die Ehe von einem Manne, welcher außerhalb Europas seinen Wohnsitz 
hat, am Orte dieses Wohnsitzes oder sonst außerhalb Bayerns abgeschlossen wurde 
und nach den Gesetzen des betreffenden Staates!) als giltig zu erachten ist"“ 
(Art. 33 Abs. 2)2). Allgemein aber bedroht das Heimathgesetz Art. 41 (nach der 
Fassung in Art. 7 der Novelle vom 23. Febr. 1872) mit Strafe an Geld bis zu 
50 Thalern (150 Mark) oder Haft bis zu 30 Tagen Angehörige der rechtsrheinischen 
Landestheile, welche außer halb Bayerus eine Ehe schließen, ohne vorher das 
gesetzlich (Art. 33) vorgeschriebene Verehelichungszeugniß erhalten zu haben. 
„Die Verjährung dieser Strafe beginnt an dem Tage, an welchem die außer halb Bayerns 
Getrauten ihren Wohnsib in Bayern genommen haben. Eine Strafverfolgung findet nicht statt, 
wenn vor Eröffnung eines Verfahrens dge vorgeschriebene Zeugniß erwirkt oder die Ehe wieder 
aufgelöst worden ist“ (Art. 41 Abs. 2, 3 
Das bayerische krphihrungegern zur R.-St.-P.-O. vom 18. Aug. 1879 Art. 15 
enthält außerdem eine Strafandrohung gegen Standesbeamte, welche eine Ehe für 
geschlossen erklären, ehe das für den Abschluß derselben gesehlich erforderliche distrikts- 
polizeiliche Zeugniß beigebracht ist. 
Die Strafe (an Geld bis zu 600 Mark) hat auch einzutreten, „wenn der erwähnten Hand= 
lung des Standesbeamten eine Fahrlässigkeit zu Grunde liegt“). 
Val. gegen H ünschin? v. Sicherer S. 479 Anm. 35 zu § 39 des Reichsges. und gegen G. 
Meyer E. M Mae r in der nrik. Vierteljahrsschr. f. Gesetzgebung und Rechtswissensch. Bd. 26 
(N. F. 9 S. 387 ff., der geltend macht, daß „gemäß Art. 3 des Heimathges. Frauen durch Ab- 
schließung einer gültigen Ehe die Heimath des Mannes erwerben, gemäß Art. I die ehe- 
lichen Kinder die Heimat des Vaters haben“. Für die Fortdauer der vollen Geltung des 
Art. 33 Abs. II des Heimathges., vergl. auch K. Weber, d. Reichoges. vom 6. Februar 1875, 
Erl. 1875 S. 14 5 af- ferner v. Riedel und v. Müller S. 186 ff., Seydel, Bayer. 
Statteret. I. S. 525 Anm. 5; vgl. auch Sammlung der Entsch. d. Verwallu#ngonerbcht, Bd. II. 
. 4ol ff. 
1) D. h. entweder des Wohnortes oder bes. „Eheschliehungsortes, v. Sicherer S. 473 
Anm. 22 zu § 39 des Reichsges. vom 6. Februar 
2) Die oben im Texte erwähnte Ausnahme 7 Virch Art. 5 der Novelle vom 23. Februar 
1872 angeordnet worden Der Regierungsentwurf zu diesem Geseßze enthielt statt der Worte uußer- 
halb Europas“ die „außerhalb Bayerns". Agl. . zur Auslegung der geltenden Bestimmung Samm- 
lung d. Entscheid. d. Verwaltungsgerichtsh. II. S. 173 ff. Abgesehen von der nun im Texte des 
Heimathges. anerkannten Anonahme werden also in Bayern die außerhalb Bayerus ohne Verehe- 
lichungozengniß eingegangenen Ehen dieorheinischer Staatsangehöriger als ungiltig behandelt. 
Dafür, daß solche Ehen auch außerhalb Bayerns, insbesondere im sonstigen Gebiete des 
Deutschen Reiches, als ungiltig zu behandeln sind, spricht die Erwägung. daß die Erholung des 
Berehelichungszeuguisses sich als eine unumgängliche Voraussetzung der Eheschließung darstellt, 
welche ihre Begründung findet in einer Vorschrift des bayerischen öffentlichen Rechts, welcher 
sich ein bayerischer Staatsangehöriger nicht willkürlich entziehen kaun und welche darum auch seitens 
eines fremden Staates Beachtung zu finden hat. Daraus würde aber meines Erachtens nicht mit 
Nothwendigkeit zu folgern sein, daß nun auch die in § 38 des Reichsges. vom 6. Februar 1875 
aufrecht erhaltenen, im sonstigen Reichsgebiete geltenden Vorschriften übec die Eheschließung von 
Ausländern auf bayerische Staatsangehörige Anwendung zu finden haben, wie Hinschius 
a. a. O. S. 134 und Stölzel, Deutsches Ebeschließungorecht 3. Aufl., Berlin 1876 S. 13 ff. 
und in der Krit. Vierteljahrsschr. Bd. 21 (N. F. 2) S. 253 ff. annehmen; vgl. v. Sicherer a. a. O. 
S. 268 ff.. 408 ff. bei Anm. 36 ff. zu § 38“ des Reichsges. vom 6. Februar 1875 und (gegen G. 
Meyer, Verwaltungsrecht I. S. 111) E. Mayer in der Krit. Vierteljahrsschr. Bd. 26 (N. F. 7) 
S. 388 ff. Vgl. noch über die Bedeutung der Staatsangehörigkeit als sog. „publicistisches Domicil“, 
O. Bähr in den Wörbüchem f. d. Dogmatil d. heutigen römischen und deutschen Privatrechts 
Bd. 21 (N. 343 ff. 
Das bei 450 Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden u. s. w. I. S. 260 ff. 
(aus der hss von Wohlers XII. S. 145) mitgetheilte Urtheil des Bundesamtes für Heimath= 
wesen will allerdings die Rechtöailtigkeit der von bayerischen Staatsangehörigen abgeschlossenen 
Ehen nach dem Rechte „ihres Wohnsitzes im rechtlichen Sinne“, auch des außerhalb Bayerns gele- 
genen, beurtheilt wissen, während G. M Neyer a. a. O. den noch weiter gehenden Satz ausstellt: 
„Nechtsrheinische Bayern, welche sich in einem andern zum Deutschen Reiche gehörigen Lande ver- 
heirathen, bedürfen zum Abschlusse der Ehe keiner obrigkeitlichen Genehmigung“. 
ie im Texte erwähnte Strafbestimmung stellt sich als eine auf Grund des hier in Frage 
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