8 11. Die Rechte der Unterthanen. 115
stimmten Gemeinde erstreckt, die Ermäßigung der örtlichen und anderer Verhältnisse durch die
zuständige Obrigkeit vorbehalten" (Art 2). Ist so die Ertheilung der Gewerbsconcession
doch wesentlich in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt, so kann andererseits „wegen Miß-
brauchs, beharrlichen Ungehorsams oder Widerseßlichkeit gegen obrigkeitliche Anordnungen in
Gewerbssachen von der zuständigen Behörde zur Strafe „die Ausübung der Gewerbsbefugniß“ auf
bestimmte Zeit eingestellt oder nach Umständen die Concession gänzlich eingezogen werden“ (Art. 6
Ziff 4). „Jede Gewerbsconcession ist persönlich u. unveräußerlich“ (Art. 3 vgl. auch Art. 6 Ziff. 1—3)
doch sind die realen und radicirten Gewerbe in ihrem dermaligen Bestande aufrecht er-
halten !) und hinsichtlich ihrer Veräußerlichkeit „nach Maßgabe der bürgerlichen Gesetze“ nun-
mehr jedem anderen „Privat-Eigenthum“ gleichgestellt worden. Zur Ausübung der radicirten
wie der realen Gewerbe ist aber eine Concession nothwendig, die jedoch nur in Fällen
der letzteren Art von einem Fähigkeitsnachweis abhängig sein soll?), während nhabern radi-
cirter Gewerbe“ der Gewerbebetrieb durch befäh oigte Wertludrer gestattet ist (Art. 4 Ziff. 1—4).
Die noch bestehenden Zünfte blieben als „Ge rbsvereine“ (in gesetzlich nothwendiger
Weise „die Genossen eines oder mehreren verwuptas. Geewerbr“ umfassend), bestehen, aber nur zu
gewissen gesetzlich bestimmten Zwecken unter Aufhebung aller weitergehenden Befugnisse und in
durchgreifender Unterordnung unter „Aufsicht, Leitung und Schutz“ der Staatsregierung, in deren
Ermessen auch Veränderungen in der Bildung der Gewerbsvereine und die Aufhebung solcher,
„welche ihrer Bestimmung nicht entsprechen oder der öffentlichen Ordnung und dem gemeinen
Wesen entgegenwirlend erkannt“ werden, ausbrücklich gestellt ist (Ar
Das Gewerbegesetz vom II. September 1825 verweist zur zerhinmn der in ihm ent-
haltenen, gesetzlichen Grundbestimmungen" auf die administrativen Anordnungen und polizei-
lichen Vorschriften des mit seinem Vollzuge beauftragten Ministeriums des Innern (Art 12)).
Unter solchen Umständen konnte sich die Handhabung des Gesetzes in der Praxis
in sehr verschiedener, der Freiheit des Gewerbebetriebs günstiger oder
ungünstiger Weise gestalten. Den Höhepunkt der Entwicklung in der letzteren Richtung be-
zeichnet die V.-J. vom 17. Dez. 1853 (R.-B. S. 1863 ff.), während die unter dem Einflusse der
auf Einführung der Gewerbefreiheit hindrängenden Jeititrömung (zur Erfüllung einer im Landtags-
abschiede vom 10. November 1861 [G.-B. 1861/62 S. 49 ff.) §5 24 den Kammem auf deren Bitten
gemachten Zusage) erlassene Königliche delchierseo vom 21. April 1862 (R.-B. S. 713 ff.)
in möglichster Ausdehnung der Freiheit des Gewerbebetriebs innerhalb der Schranken des Gesetzes
vom 11. September 1825 sich bereits als eine Vorläuferin des auf dem Grundsatze voller Gewerbe-
freiheit beruhenden Gesetzes vom 30. Jannar 1868 darstellt.")
Das auch für die Pfalz erlassene Gesetz vom 30. Jannar 1868, das Gewerbs-
wesen betr. (G.-B. S. 309 ff.)“) hat „alle Staatsangehörigen ohne Unterschied des
Geschlechtes und des Glaubensbekenntnisses zum Betriebe von Gewerben im ganzen
Umfange des Königreichs“ für berechtigt erklärt (Art. 1), unter Vorbehalt allerdings
der landesgesetzlichen „Beschränkungen und Vorschriften“ für Anlage, Einrichtungen und
Betrieb des einzelnen Gewerbes (Art. 5) und unter Festsetzung der Verpflichtung zur
Anzeige jedes neuen Gewerbebetriebs und jeder gesetzlich eine Steuererhöhung nach
1) „Die Tafernen. — sowie die denselben gleichgeachtelen Gasthäuser werden hiemit
überhaupt 4# radicirt erklärt“ (Arl. 4 Ziff. 5
er geliefert, so soll dem achbe Erwerber eines realen Gewerbes die Concession
nicht nanbhe werden. Dasselbe gilt für rechtmäßige Erwerber „großer und kostbarer Gewerbs-
Vor= und Einrichtungen“" (Art. 4 Ziff. 3). Von wesentlichem Einflusse auf die Bedeutung der
reulen und der rdieirten“ Gewerbe war die Bestimmung im Landtagsabschied vom 1. Juli 1856,
(G.-B. S. 105 ff.) S „daß der Ansässigmachung auf reale oder radicirte
Gewerbe eine M v 7# des erforderlichen' Nahrungsstandes vorherzugehen habe.“
3) In gleicher Weise werden in Art. 5 Ziff. 1 „allgemeine Polizeyvorschriften
oder besondere von der zuständigen Behönde genehmigte oder in Zukunft zu genehmigende
Ordnungen" als maßgebend für die Zulässigkeit an Beschränkungen der mit einer Gewerbe-
Concession verliehenen Gewerbebefugnisse bezeichnet.
4) Vgl. über die V.-J. vom 17. Dez. 1853 Kaizl a. a. O. S. 106 ff. und über das
bayerische Gewerberecht der damaligen Zeit überhaupt Pözl, Verwaltungsrecht 1. Aufl. München
16 S. 305 ff.; ferner die eingehenden Darstellungen in den Bl. f. adm. Pr. von Brater Bd. 6
on S. 295 an und von Gerstner Bd. 9 von S. 65 an. Zur Vollzugsverordnung vom 21. April
1655 (vgl. über sie Kaizl a. a. O. S. 121 ff.) hat der oben S. 113 Anm. 3 erwähnte Antrag
bg. Brater und Gen. den ersten Anstoß gegeben.
5) Erläuterungen zu diesen Gesche ußt u. A. E. Schöller in Dollmann's Gesetz-
gebung d. Kgr. Bayern Th. II. Bd. 7 S. Vgl. auch über das bayerische Gewerberecht, wie
¾ schtart rod di Gesetzes besassn helie. die Darstellung bei Pözl, Verwaltungsrecht
ufl. 1
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