156 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 811.
Dieses spätere Gesetz ist in seinen strafrechtlichen und processualen Bestimmungen der Haupt-
sache nach schon durch die Strafgesetzgebung des Jahres 1861 (oben S. 26) beseiligt worden.
Andere damals noch aufrecht erhaltene Bestimmungen dieser Art find bei der Einführung
des gecschraseen #o aufgehoben worden. (Vollzugseinführungsges. vom 26. Dez. 1871
Art. 2 Ziff. 8)2). Einige seiner polizeilichen Vosschristen hatten sich bereits nach n einsübrung
der Gewerbefreiheit durch das Gesetz vom 30. Jan. 1868 (oben S. 27. 113 115 ff.) als
fernerhin unanwendbar erwiesen ). Nachdem der nach alledem noch verbleibende Rest der
Bestimmungen des Preßstrafgesetzes durch die Frlesiung des Reichspreßgesetzes vom 7. Mai 1874
eine weitere erhebliche Einbuße in seinem Bestand erfahren hatte, indem durch dieses t
die noch geltenden preßpolizeilichen Bestimmungen des Preßstrafgesetzes zum Kößten, nce
beseitigt worden waren, wurde endlich durch das Einfühlungse. zur R.-St.-P.
formelle Aufhebung des W vom 17. März 1850 ausgesprochen (Art. 2 Ziff. 9 wöhrenle
die Bestimmungen dieses Gesetzes, welche sich neben der Reichsgesetzgebung noch aufrecht erhalten
ließen, in dem erwähnten Ausführungsgesetze (Art. 12—14) eine neue Fassung erhielten.
Nachdem durch das Reichsgesetz über die Presse vom 7. Mai 18740 das
bayerische Preßedikt vom 4. Juni 1848 wenigstens der Hauptsache nach seine Be-
deutung un und Anwendbarkeit verloren hat), beruht auch in Bayern die Preß-
der die Presse betreffende Bundesbeschluß vom 6. Juli 1854 in Bayern nicht publicirt wurde
ist oben S. 26 schon bemerkt worden. Die in demselben vorgeschriebene Cautionsbestellung
für periodische Blätter hat in das bayerische Landesrecht überhaupt nie Eingang gefunden.
1) Vgl. über die Aufhebung des größeren Theiles der Artikel des Preßstrafgesetzes durch
Art. 2 Ziff. W des Einführungsgesetzes zu den Stuafgesehhbüchern vom 10. Nov. 1861 und deren
Ersetzung durch einzelne Vorschriften dieser Gesetzbücher, sodann über die ansbrüalische Aufrecht.
erhaltung und theilweise Modificirung der übrigen Artikel dieses Gesetzes durch Ma ; An. 8 des Ein-
führungsges. den Commentar zu letzterem von Risch bei Dollmann Th. 111 S. 28 ff., 48 ff.
l. hiezu Staudinger, d. Strafgesetzb.
3) Dahin gehört Art. 37, der die Nollsrendeuen vorausgehender Anzeige bei der Obrig-
keit für den Fall ausspricht, daß Schriften mit einer Privatpresse hervorgebracht und ausgegeben
werden sollen, und Art. 51, welcher die zuständige Gewerbepolizeibehörde unter nach Verschie-
denheit der Fälle verschieden bestemmten Voraussehzungen ermächtigt, der innerhalb bestimmter Frist
wiederholten strafrechtlichen Verurtheilung eines Verlegers wegen Preßverbrechens oder -Ver-
gehens innerhalb dreimonallicher Frist die sei es zeitlich (auf ein Jahr) sei es für immer wirkende
Einziehung der Gewerbsbefugniß des Verurtheilten folgen zu lassen. — Ueber das bayerische
“é“-s nach Einführung der Gewerbefreiheit vgl. Pözl, Verwaltungsrecht 3. Aufl.
4) Val. außer den Commentaren zum Neichsprebgelc von Thilo, Berlin 1874, Mar-
quardsen, Berlin 1875 und Schwarze, 2. Aufl. Erl. 1845, dann den Lehrbüchern des deutschen
Preßrechtes von Berner, Leipzig 1876 und v. Liszt, Venben und Leipzig 1880 neuerdings nament-
lich die übersichtlichen Darstellungen in den Lehrbüchern des deutschen Verwaltungsrechts von G.
Meyer Bd. 1. S. 157 ff. und Löning S. 278 ff. und über die Gestaltung des in Bayern nun-
mehr geltenden Prehrachsen außer Pözl, Verfassungsrecht 5. Aufl. S. 89 ff. die Zusammen-
stellungen bei Krais, Handb. der innern Verwaltung Bd. II S. 240 ff. 5§ 136, 137 und
v. Pechmann-Stadelmann, Wirkungskreis der bayer. Distriftoverwaltungsbehorden) S.D% 333
Ueber rsrs und Preßpolizei im Allgemeinen vgl. neuestens v. Sarwey in diesem Hond.
buch I. II S. 134 *. und Seydel in Schönbergs Handbuch der Polit. Oekonomie 2. Aufl. Tüb.
1885, Bd. III S.
5) Dies 2 2 Allem von den allgemeinen Bestimmungen über die Preßfreiheit und bie
Zulässigleit von Beschränkungen derselben in den 8§ 1, 2, 5 des Preßediktes. Auch § 8 der von
der polizeitichen Beschlagnahme handelt, hat nur noch]eine beschränkte A#wendbarseit. Die
stimmung in § 4, welche in Anlehnung an das frühere Landesrecht (V.-O. dvom 13. Juni 1803
Ziff. 10, Preßedikt vom 26. Mai 1818 fIII Verfassungs- Teilage 5 3) die Staatsdiener
„rücksichtlich der Bekanntmachung amtlicher Arbeiten, sowie jeder g s oder Urkunde, deren
Wissenschaft nur durch das Dienstverhältniß erlangt werden konnte, an die Dien stvorschriften
und an die Gesetze über die Amtsverschwiegenheit gebunden“ erklärt, ist selbstverständlich in
Geltung verblieben. An die Stelle von §§ 6 und 7 (oben S. 84) sind nun die entsprechenden
Sorschlite des neuesten Reichs= und Landesrechtes getreten. Stau dinger, das Strafgesetzbuch
Erg S. 292 ist der Meinung, daß das bayerische Preßedikt auch nach Erlassung des Reichs-
gerhes noch in vollem Umfange seine Geltung behaupte, znsoseeit als es sich kraft seiner
Bestimmung in §#9 (oben S. 155) auf Gegenstände erstrecke, welche nach § 2 des Reichspreßgesetzes
nicht in den Bereich des letzteren fallen. Käme es demnach für die Anwendung des bayerischen
Preßediktes nicht, wie es nach dem Reichspreßgesetze der Fall ist, darauf an, daß eine zur Ver-
breitung bestimmte, durch mechanische oder chemische Mittel bewirlte Vervielfältigung vor-
liegt, müßte das bayerische Preßedikt inebesondere auch auf Musikalien ohne Text oder Erläute-
rungen Anwendung finden, so steht doch dieser Meinung in entscheidender Weise die Erwägun-