16 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 6 3.
gebliebener Verhandlungen mit dem römischen Stuhl über die Ordnung der Verhälknisse der katho-
lischen Kirche in Bayern, zu denen theils das Mißfallen des römischen Stuhles an dem kirchen-
politischen System der neuen Regierung Bayerns, theils der Wunsch dieser Regierung nach mög-
lichst selbständiger Organisation der katholischen Kirchenverhältnisse innerhalb der Grenzen des
Königreichs und nach der Erlangung eines wesentlichen Antheils der Staatsgewalt an der Be-
setzung der Kirchenämter den Anlaß gegeben hatte 7.
§ 3. Die Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818. I. Die Begründung der
Verfassung. Die mit der erstmaligen Beendigung des Krieges gegen Napolcon im
Jahre 1814 eingetretene Zeit der Nuhe und die im Zusammenhange damit in Aussicht
genommene Neuordnung der politischen Verhältnisse von Europa und besonders von
Deutschland brachten auch für Bayern die Weiterentwickelung des Staatslebens auf's
Neue in Fluß.
Am 17. September 1814 erließ der König das Restript: die Revision der Verfas-
sung von 1808 betreffend, in welcher diese als nothwendig anerkannte Revision angeordnet und
der Plan derselben vorgezeichnet wird in einer Anzahl von einzelnen Bestimmungen, deren Inhalt
dann großentheils in die Verfassungsurkunde übergegangen ist. Insbesondere war eine Volks-
vertretung aus zwei Kammern, der der Reichsräthe und der der Deputirten bestehend, mit den
Rechten der Zustimmung zu Gesetzen und der Steuerbewilligung vorgesehen ). Eine Kommission
von hohen Staatsbeamten unter dem Vorsiß des Justizministers Grafen Reigersberg wurde
mit dieser Revision betraut.
Die Verhandlungen dieser Kommission begannen am 20. Oktober 1814/), am 11. Februar
1815 legte ihr Vorsitzender das Ergebniß dem Könige vor mit Vorschlägen zu wesentlichen Ah-
änderungen, welche auch Berücksichtigung fanden, wie denn der König sofort eine Revision des so ent-
standenen Verfassungsentwurfes anordnete. Auch wurde im März 1815 ein besonderer Ausschuß
zur Berathung der Edikte eingesetzt, welche der Verfassungsurkunde als Beilagen angehängt werden
sollten; dieser Ausschuß hielt auch einige Sitzungen"). Allein die Verfassungsarbeit gerieth in's
Stocken; auch das Interesse an derselben wurde durch die mit Napoleon's Rücklehr von Elba neu
entstehenden politischen Verwickelungen und durch den Nothstand in Folge der großen Theuerung
von 1816 in den Hintergrund gedrängt.
Die am 2. Februar 1817 erfolgte Entlassung von Moutgelas bildete einen
neuen Wendepunkt in der Entwickelung des bayerischen Staatswesens. Am gleichen Tage
wurde die Verordnung: die Bildung und Einrichtung der obersten Stellen des Staates betr.
(R. B. S. 50 ff.) gegeben, welcher dann in nächster Zeit noch andere Verordnungen zur
näheren Ausführung ihrer Bestimmungen folgten. Die damals geschaffene Organisation der
höchsten und höheren Staatsbehörden ist zum größten Theil bis jetzt erhalten geblieben.
Als oberste vollziehende Behörde blieb das Gesammtministerium bestehen, mit der Theilung
in die fünf Staatsministerien, von denen jedoch das erste nunmehr als Ministerium
des (königlichen) Hauses und des Aeußern bezeichnet, und das des Innern in
einer gegenüber der der Konstitution von 1808 geänderten Reihenfolge vor das der
Finanzen gestellt wurde. Des Weitern wurde die Eintheilung des Königreiches in
acht Kreise verfügt, bei der man sich an den bestehenden Zustand möglichst anschloß,
und an die Spitze der inneren und der Finanzverwaltung jedes Kreises die kollegialisch
organisirte Kreisregierung mit einem Regierungspräsidenten an der Spitze
gestellt, die wieder in die Kammer des Innern und in die der Finanzen
getheilt wurde. In jedem Kreise sollte ferner ein Appellationsgericht bestehen. Als
1) v. Sicherer a. a. O. S. 49 ff.
2) Abgedruckt bei v. Lerchenfeld, Geschichte Bayerns unter K. Max. Jos. I. S. 336 ff.
3) Ueber die Verhandlungen derselben und deren Ergebnisse a. a. O. S. 72 ff., und die Mit-
theilungen bei v. Sicherer, Staat und Kirche, S. 258 ff.
4) Einige Mittheilungen Wer, den Bestand und die Thätigkeit dieses Ausschusses macht
v. Sicherer, Staat und Kirche, S. 268.