83. II. Die Verfassung und das Konkordat. 19
wahren allgemeinen Volksvertretung verliehen, wenn schon auch hier in der Gestaltung
des Steuerbewilligungs= und Budgetrechtes der Ständeversammlung ein innerer Zusammen-
hang mit dem altständischen Wesen sich zeigt. Andererseits ist im Gegensatz zu der
Lehre von der Theilung der Gewalten der monarchische Charakter des einheitlichen
Staatswesens entschieden zur Geltung gekommen. (Vgl. vor Allem Tit. I. und Tit. II.
8 1.) Jedenfalls war nach alledem das Königreich Bayern seit dem 26. Mai 1818 zu
einer constitutionellen Monarchie geworden.
Nach einem Eingange, der sich als eine Erklärung des Königs Maximilian Joseph
über die Entstehung der Verfassung und über die bei ihrer Ausarbeitung maßgebend
gewesenen Grundsätze darstellt, folgen die zehn Hauptabschnitte der Verfassungsurkunde.
Titel I. enthält „allgemeine Bestimmungen“ über die rechtliche Natur des bayerischen
Staates und seiner Verfassung, Titel II. handelt von dem Könige und der Thronfolge,
dann der Reichsverwesung, Titel III. von dem Staatsgute, Titel IV. von allgemeinen
Rechten und Pflichten, Titel V. von besonderen Rechten und Vorzügen, Titel VI. von
der Ständeversammlung, Titel VII. von dem Wirkungskreise der Ständeversammlung,
Titel VIII. von der Rechtspflege, Titel IX. von der Militärverfassung, Titel X. von
der Gewähr der Verfassung.
Zur Ergänzung einzelner Bestimmungen der Verfassungsurkunde sind dieser zehn
als „Beilagen“ bezeichnete sogen. Edikte angefügt, die nach den Verweisungen auf
sie in den entsprechenden Stellen des Textes und nach der Schlußbestimmung der Haupt-
urkunde als Bestandtheile derselben gelten müssen, die ihre rechtliche Natur als eines
mit besonderer Gewährleistung seines Bestandes versehenen und insbesondere durch erschwe-
rende Formen vor leichter Abänderung geschützten Staatsgrundgesetzes theilen.
Die drei ersten Beilagen: das Edikt über das Indigenat, das Edikt über die
äußern Rechtsverhältnisse der Einwohner des Königreichs Baiern in Bezug auf Religion
und kirchliche Gesellschaften (sogen. Religionsedikt) und das Edikt über die Frei-
heit der Presse und des Buchhandels gehören zum vierten Titel der Verfassung,
während die sechs folgenden Beilagen die Edikte 4) die staatsrechtlichen Verhältnisse
der vormalsreichsständischen Fürsten, Grafen und Herren betreffend, 5) über
den Adel im Königreiche Baiern (sogen. Adelsedikt), 6) über die gutsherrlichen
Rechte und über die gutsherrliche Gerichtsbarkeit, 7) über die Familien-
fideikommisse, 8) über die Siegelmässigkeit und 9) die Verhältnisse der
Staatsdiener vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und Gehalt betr., sich als
Ergänzungen des Titels V. darstellen, die zehnte und letzte Verfassungsbeilage: das
Edikt über die Ständeversammlung aber sich an den sechsten Titel der Verfassungsurkunde
anschließt.
Als Zusätze zur zweiten Verfassungsbeilage aber wurden „das die innern
katholischen Kirchenangelegenheiten im Königreiche ordnende Concordat mit seiner päbst-
lichen Heiligkeit Pius VII.“ vom 5. Juni 1817 und das Edikt „über die innern kirch-
lichen Angelegenheiten der Protestantischen Gesammt-Gemeinde in dem Königreiche“ publiciert.
Sie sind als Anhang I. und II. zu § 103, dem Schlußparagraphen, des Religionsediktes
bezeichnet, welcher in seinen hierher gehörigen Theilen (Absatz 2 und 3) über das Ver-
hältniß dieser Anhänge zum Religionsedikt in folgender Weise sich äußert:
„Dieses allgemeine Staatsgrundgesetz (eben das Religionsedikt) bestimmt, in Ansehung
der Religionsverhältnisse der verschiedenen Kirchengesellschaften, ihre Rechte und Verbind-
lichkeiten gegen den Staat, die unverbrüchlichen Majestätsrechte des Regenten, und die
jedem Unterthan zugesicherte Gewissensfreiheit und Religionsausübung. In Ansehung
der übrigen innern Kirchenangelegenheiten sind die weitern Bestimmungen, in Beziehung
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