Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

84. ie Zeit von 1818—1848. 21 
8 2) eine authentische Erläuterung jener Publikationsklausel am Schlusse des Religions- 
ediktes nicht gegeben werden; einen irgendwie sichern doktrinären Auslegungsbehelf 
für das Verständniß jener Klausel im Sinne des Vorzuges des Konkordates vor dem 
Edikt vermag sie aber schon darum nicht zu liefern, weil sich aus den dem Erlasse 
dieser Erklärung vorausgehenden Verhandlungen ergibt, daß die Staatsregierung den von 
der Kurie vorgeschlagenen, den Vorzug des Konkordates mehr oder minder bestimmt 
aussprechenden Fassungen, ihre Zustimmung verweigert hatte und daß die Kurie nur 
ungerne auf die endliche Fassung, in der die Erklärung bekannt gemacht wurde, einge- 
gangen ist 7. 
Besondere Modifikationen erfuhr die Verfassungsurkunde in ihrer Anwendung auf 
die Pfalz, wie sie durch die namentlich in Folge der zeitweisen Vereinigung dieses Gebicts 
mit Frankreich eigenthümlich gestalteten Zustände dieser Provinz geboten erschienen. 
Diese Modifikationen, bestimmt in einer königlichen Allerhöchsten Entschließung vom 
5. Oktober 18182) beziehen sich vor Allem auf den Titel V. von besonderen Rechten und 
Vorzügen. Die Vorschriften dieses Verfassungsabschnitts über die Vorrechte des hohen und 
des niedern Abels. werden fast alle als auf die Pfalz unanwendbar erklärt. Sodann brachten 
die Verhältnisse der Pfalz, namentlich die von der im übrigen Königreiche geltenden 
wesentlich abweichende Gemeindeverfassung nothwendig gewisse Aenderungen der in der 
X. Verfassungsbeilage enthaltenen Wahlordnung für die zweite Kammer mit sich. 
8 4. Die staatliche Entwickelung von 1818—1870. I. Die Zeit von 1818 bis 
1848. Die Verfassungsurkunde vom 26. Mai 1818 mit ihren Beilagen ist die Haupt- 
grundlage der weiteren Entwickelung des bayerischen Staatsrechts 
geworden. Sie ist auch heute noch die Hauptauelle für dessen Erkenntniß, wenn schon 
ihr Bestand durch die späteren Landesgesetze und neuerdings vor Allem durch die Reichs- 
verfassung und die Reichsgesetzgebung vielfach alterirt worden ist. Um so wichtiger ist die 
Betrachtung der neuesten Entwickelungsperiode des bayerischen Staatswesens, doch kann 
sie verhältuißmäßig. kurz gefaßt werden, da die hier in Betracht kommenden Einzelheiten 
zumeist in der Darstellung des geltenden Rechts ihren Platz zu sinden. haben?). 
In den drei Jahrzehnten von 1818— 184 8 war die Weiterentwickelung 
des bayerischen Staatsrechts eine verhältnißmäßig ruhige; durchgreifende grundsätzliche 
Verfassungsänderungen fanden nicht statt #)7. Abgesehen von authentischen. Interpreta- 
tionen einzelner Verfossungsbestimmungen wurde eine nicht unerhebliche Anzahl staats- 
rechtlich wichtiger Gesetze erlassen theils zur Ergänzung der Verfassungsurkunde, theils 
  
1) Ueber die der bayerischen Erklärung oransgegangenen Verhandlungen wgl. v. Sicherer 
#. a. O. S. 303 ff., 318 ff. und die -pr Nr. 26—28 S. 87 ff. und Nr. 39—43 S. 107 ff., 
sowie M. v. Lerchenfeld a. a. O. 
) Pfälz. Amts-Blatt S. 847 3 wüiunge I. S. 382 ff. und jetzt auch in Webers 
Neuer C Gesetz· und Verordnungssammlung I. S. 73 
Vgl. auch die kurzen Uebersichten bei Po, Derfasfungsorecht, S S. 28 ff. und die Einleitung 
zu seiner Scneunong der 15 Verfassungageletze. 2. Aufl. 1869. XXIV. ff. und dam n 
Artikel: Bayern a. a. O. S. 752 ff. G. v. Lerchenfeld, deennts Bayerns unter K. 
Jos. I. S. 134 ff. und M. v. Sroshfees, Die baier. Verfassung und die Karlsbader „eiu 
Nokdlingen 1883. Ferner Ignaz Rudhart, Ueber den Zustand des Kgr. Baiern nach amtl. 
Quellen. 3 Bde. Siuttgart und Zubingen 1825 und Erlangen 1827. 
4) Anderseits wurden auch die sogen. Karlsbader Beschlüsse nicht vollständig und nur 
mit Vorbehalt der Souveränetät und Verfassung Bayerns Lub iiert. (Bekanntmachung vom 
16. Oktober 1819 Allg. Intelligenzbl. f. d. Königr. Bayern,. S. 1045 ff.), wenn man sich # 
ihrer Anwendung nicht völlig zu entziehen vermochte. Vgl. Treitschke, a. a. O. II. S. 58.0t ff. 
und die mehrfach berichtigende atstelung von M. v. Lerchenfeld, Die baierische Shaso 
und die Karlsbader Beschlüsse, S. 41 ff., wo namentlich der Antheil des Kronprinzen an d Art 
ISeuet Puflfjlckatcou hervorgehobeu wird. Dazu neuestens Treitschke in d. Preuß. Jahrb. Bd. 52.
	        
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