48 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. L
Unterthanen verschieden gestaltet, wenn sie sich auch für alle unter den Gesichtspunkt
der Verbllcchtung zu Treue 1) und Gehorsam zusammenfassen lassen.
ne Verpflichtung zu Treue und Gehorsom ist auch in der Formel des sog. Ver-
falsunscerden ausgedrückt, welchen nach Tit. X. § 3 der Verfassungs-Urkunde alle Staats-
bürger bei der Aanfässigmachung und bei der jeßt sreilich nicht mehr üblichen allgemeinen Landes-
huldigung, sowie alle Staatsdiener bei ihrer Anstellung zu leisten verbunden sind. („Treue dem
Könige, Gehorsam dem Gesetze und Beobachtung der Staatsverfassung.“) Der Ausdruck Staats-
bürger wird hier in der Praxis im weiteren Sinne von jedem männlichen Staatsangehörigen
verstanden. Das Wort „Ansässigmachung“ wurde in dem mit diesem Worte seit der Erlassung
des Gesetzes vom 11. September 1825 über Ansässigmachung und Verehelichung verbundenen
Sinne eines von bestimmten Voraussetzungen abhängigen Rechtstitels für den Heimatherwerb
und die Verehelichung aufgefaßt. Nachdem nun aber die Ansässigmachung in diesem formellen
Sinne von der neueren bayerischen Heimath-Gesetzgebung beseitigt worden war, erschien die Er-
werbung einer selbstständigen Heimath in einer Gemeinde des Königreiches (nach dem
Gesetze vom 18. April 1868) als der der früheren Ansässigmachung nach den geänderten Ver-
hältnissen am meisten entsprechende Thatbestand. An diesen knüpft demgemäß die M. E.
vom 25. August 1868 (abgedruckt in den Kreisamtsblättern dieses Jahres, auch in der Hand-
bibliothek des bayerischen Staatsbürgerr. IV. Supplbd. zur 3. Aufl. Augsburg 1870 S. 81 f..)
die Verpflichtung der Behörden (der Magistrate in den Städten und Märkten mit magistratischer
Verfassung, abgesehen hiervon der Bezirksämter) zur Abnahme dieses Eides. Sofern die
Verehelichung als Erwerbsgrund einer selbstständigen Heimath erscheint, ist nach M.-E.
vom 15. Mai 1876 (Amtsblatt des Ministeriums des Innern S. 233, auch in „Bayerns Gesetze
und Gesetzbücher“, 7. Ergänzungsb. S. 62) die Abnahme des Verfassungseides im dieorheinischen
Bayern schon bei der Aushändigung des in Art. 33 des Gesetzes vom 16. April 1868 als
Voraussetzung gültiger Eheschließung geforderten amtlichen Verehelichungszengnisses für zwässia
erklärt. Derselbe Eid ist nach dem Wahlgesetze vom 4. Juni 1848 (resp. 22. März 1881) 2?#
Abs. 3 zur Ausübung des Wahlrechts als Urwähler oder als Wahlmann bei den W
wahlen erforderlich. Insofern kann auch von einer Berechtigung zur Ableistung des Ver-
fassungseides gesprochen werden. Streitigkeiten über die Berechtigung oder die Verpflichtung zur
gwistung, r–y Eides sind Verwaltungsrechtssachen im Sinne des Gesetzes vom S. August
1878 8 Ziff. 2) und können vurch Berufung an den Verwaltungsgerichtshof zur Enl-
seEen . 14(5 denselben gebracht werden.
Besondere Wirkungen äußert diese Verpflichtung der Staatsangehörigen zur Treue
gegen den Heimathsstaat für diejenigen bayerischen Unterthanen, welche mit ausdrück-
licher königlicher Erlaubniß in fremde Dienste (d. h. nunmehr in die
Dienste eines nichtdeutschen Staates) getreten sind (nach 8 11 der I. Verf.-Beil.).
Sie dürfen der fremden Macht, in deren Dienst sie übergehen wollen, den Dienstes-
eid nur unter dem Vorbehalte leisten, nie gegen Bayern zu dienen, und bleiben ver-
pflichtet nach Bayern zurückzulehren, sobald sie entweder durch einen an sie gerichteten
direkten Befehl oder durch eine Generalverordnung zurückberufen werden und haben auch
ohne besondere Zurückberufung den Dienst bei der fremden Macht zu verlassen, sobald
diese in Kriegszustand gegen Bayern (das Reich) tritt?).
1) Ueber die rechtliche Bedeutung der Verpflichtung zur Treue in negativer Beziehung val.
Laband, Staatsr. I. S. 139 ff. und in diesem Hdb. II. 1. S. 30 fl., dazu über die pofsitive
Seite dieser Pflicht Gareis in diesem Hdb. I. S. brn ff., Schulze, Lehrb. I. S. 356 und Pöäl,
Verfassungsrecht S. 121 Anm. 3. Daß auch der Aufenthalt im Staatsgebiete unter dem Schutze des
taates eine, wenn schon geminderte Treueverpflichtung jer den nicht diesem Sate Angehörigen
erzeugt, ergibt sich schon aus allgemeinen Erwägungen (66E. a. a. O. S. 145) und ist in
verschiedenen Stellen des R. St. G. B. anerkannt (§§ 80, 91 Aes- 94—97, 139).
Die fortdauernde Glenn dieser in Beil. I. zur Verfassungs-Urkunde 3 11 Lit. a-c
enthaltenen Bestimmungen neben denen des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 über die Erwerbung
und den Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit § 20 weist Seydel in den Annalen des
Deutschen Reiches 1883 S. 584 ff. meines Erachtens überzeugend nach. Der Einzelstaat kann die
Erlaubniß zum Eintritt in auswärtige Dienste an beliebige Voraussetzungen und an den Eintritt
selbst beliebige Rechtsfolgen knüpfen, nur darf eben der in den fremden Dienst Getretene nicht
unter Androhung des Verlustes der Staatsangehörigkeit von seinem Heimathstaate
zurückberufen werden. A. Riedel, die Reichsverfassungsbuch S. 253 und 267, welcher den
erwähnten § 11 als durch §§ 20, 22, 23 des Ge gsebes 4vom 1. Juni 1870 aufgehoben betrachtet.
zum Theil auch Pözl, Verfassungsrecht S. 121 Anr