89. Die Pflichten der Unterthanen. 69
Unter den Gesichtspunkt der Expropriation fällt auch der nach dem Ges über die Zu usammen-
legung von Grundstücken (sog. Arrondirungsgesetz) vom 10. Nov. 1861 (G.-B. S. 249 ff.).)
unter bestimmten Voraussetzungen eintretende ZIwang zum Tausch von Grundstücken inner-
halb einer Ortsmarkung zur Erzielung einer für die Bewirthschaftung günstigeren Lage der
Grundstücke, welchem die einer solchen von der gesetzlich bestimmten Mehrheit von Grundeigen-
thümern beschlossenen Arrondirung widersprechende Minderheit durch die Entscheidung der Distrikts-
verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Grundstücke liegen, ruentuell des Verwaltungsgerichts-
hofes als zweiter Instanz unterworfen werden kann. Durch den Zweck der Zwangsabtretung
wie durch die Art der Entschädigung, welche nur in nebensächlicher Weise in Geld erfolgen
kann, nimmt diese Enteignung eine besondere rechtliche Stellung ein, während anderer-
seits Enteignungsfälle dieser Art durch das Gesetz vom B. Aug. 1878 Art. 8 Ziff. 13 als Ver-
waltungsrechtsfachen erklärt sind und so die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes über
das Verfahren in solchen Angelegenheiten auch für sie zur Anwendung kommen müssen neben
den besonderen auf das Verfahren sich beziehenden, und jenen Bestimmungen nicht widersprechenden
des Arrondirungsgesetzes, welche großentheils den entsprechenden Vorschriften des Expropriations=
gesetzes von 1837 na gebildet sind).
zuständig und verpflichtet zur Ausmittelung und vorläußigen Festsehung, der für die Hrundabtretung
Heenfolle zu leistenden Entschädigung und der Sicherheitsleistung, welche für
Ersatz der Werthminderung zu bestellen ist, welche durch die Benahungm eines Grundstückes #n
Betrieb des Bergbaues diesem selbst oder einer auf ihm ruhenden Dienstbarleit zugeht, während
zur Fesehung dieser letzteren Ersatzsumme nach Artikel 146 die Gerichte ausschließlich
uständig
Die Bestimmungen in Art. 136 ff. des Bergges. über das Versahren und die Zuständigleit
der Behörden bei der Grundabtretung zum Betriebe des Bergbaues sollen nach Art. 7 Abs. 2
auch Auwendung finden, wenn der Grundeigenthümer dem Schürfer gegenüber von der in
Art. 7 Abs. 1 ihm eingeräumten Befugniß Gebrauch macht, statt der Ueberlassung des Grund-
stüces zum Schürfen vielmehr den Erwerb dessel ben zu Eigenthum durch jenen zu verlangen.
Ueber das Recht, fremden Grund und Voden zu Schürfarbeiten in Anspruch zu nehmen und
dessen namentlich durch das öffentliche Interessen gezogene Grenzen und über die mit der Aus-
übung desselben verbundenen Verpflichtungen vgl Art. 4 ff. des Bergges. Die Bergbehörden
(erster und zweite Instanz) sind nach Art. 8 Abs. 1 zuständig zur Entscheidung darüber, ob und
unter welchen Bedingungen die Schürfarbeiten unternommen werden und, falls ein Gegenantrag
auf Erwerbung des Grundeigenthums gestellt ist, auch verpflichtet zur Entscheidung darüber, ob
und unter welchen Bedingungen das begehrte Grundstück von dem Schürfer vorläufig in Besitz
genommen werden darf. Nach Art. 8 Abs. 3 setzt die Bergbehörde erster In stanz vorbe-
haltlich des Rechtsweges die dem Grundbesitzer für die entzogene Nutzung jährlich im Voraus
vollständig zu gewährende Entschädigung und die für die Erfüllung der Veipichchtung. zum Ersatze
der durch die Schürfarbeiten etwa eintretende Wexthminderung des Grundstückes zu leisten
Sicherheit fest. Vgl. Stupp S. 34 ff. und Roth III. S. :
1) Das Geseb findet in der Pfalz keine lreen. Der einzige Artilel 25, welcher
nach der Schlußbestimmung des Ges. in Art. 26 Abs. 2 in der Pfalz in Wirksamkeit getreten ist,
lommt hier nicht in Betracht, da er eine finanzielle Beg unstigung de keiwitligen
Arrondirungstausches enthält; er ist übrigens nunmehr durch Art. 279 Ziff. 14 des Gebühren-
gesetzes vom 18. Aug. 1879 aufgehoben und durch Art. 118 und 153 diese Gesetzes ersetzt.
2) Ueber die an sehr erschwerende Voraussetzungen gebundene, namentlich von dem Vor-
handensein einer sehr complicirten Mehrheit (7/16 von mindestens 10 Grundeigenthümern, welche
mindesteus ½ der zu arrondirenden Grundfläche besitzen und auf welche zugleich wenigstens ½ der
von dieser Fläche zu entrichtenden Grundstener treffen) der betheiligten Grundeigenthümer abhängige
zwangsweise Arrondirung nach dem Ges. vom 10. Nov. 1861, welche nach Art. 1 ff. desselben
entweder alle Grundstücke einer Ortsmarkung, soweit sie überhaupt dem Arrondirungszwang
unterliegen (die sehr zahlreichen Ausnahmen in Art. 1) oder sämmtliche Aecker oder Wiesen einer
Ortsflur oder eine zusammenhängende, wenigstens den dritten Theil einer dieser Massen betragende
Fläche umfassen muß, vgl. außer dem Commentar zu diesem Gesetz von Gerstner S. A. aus Doll-
mann 's Gesetzgebung des Kar. Bayern Th. I Bd. 3 S. 405 ff. die Darstellungen von Roth,
Civilrecht II. S. 74 ff. und Pözl, Bayer. Verwallungsrecht 3. Aufl. S. 378 ff. Daß es sich hier
um einen, wenn auch besonders gearteten Fall der Expropriation handelt, hebt Pözl a. a. O.
S. 381. Anm. 7 gewiß mit Recht hervor. Uebereinstimmend die Lehrbücher des deutschen Ver-
waltungsrechts von G. Meyer I S. 294 und Löning S. 366, wesentlich übereinstimmend auch
Gerstner a. a. O. S. 31 ff. Anders Roth a. a. O. S. 74, welcher die rechtliche Bedeutung
der zwangsweisen Arrondirung im Gegensatze zur Zwangsenteignung in der zwangsweisen gegen-
seitigen Grenzbestimmung erkennen will. Diese ist hier aber doch mit erzwungener Abtretung von
Grundeigenthum verbunden (ogl. übrigens über die Anwendbarkeit des Arrondirungsverfahrens
de dem Ges. von 1861 auf die Vermarkung von Grundstücken das Ges. vom 16. Mai 1868
G.-B. S. 573 ff. Art. 5). Ueber die Entschädigung, welche nur für einen vorübergehenden
Mehrwerth in Geld geleistet wird, vgl. Art. 1 Ziff. 4, über das im Falle des Widerspruchs gegen