70 Vogel, das Staatsrecht des Königreichs Bayern. 809.
Unabhängig von dem Gesetze von 1837, aber nach dem Gesetze vom 8. Aug. 1878 Art. 8
Ziff. 10 jedenfalls als Verwaltungsrechtssache zu betrachten ist auch die zwangsweise Abtretung
von Gründen zu Kiesgruben und Steinbrüchen für den Bau von Chaufséen.
Maßgebend ist noch die V.-O. vom 3. Juli 1812 (R.-B. S. 1353 ff. s. oben S. 62
Anm. 3), inhaltlich deren in Ermangelung geeigneter „Nerarialgründe“, „Gemeindegründe“ und
wenn auch solche nicht vorhanden sind, „Privatgründe“" zu diesem Zweck verwendet werden
dürfen gegen eine in diesen beiden letzten Fällen zu leistende Entschädigung, deren Ermittelung
in einem von der V.-O. bestimmten, von dem Landgericht (jetzt der Distriktverwal tungsbehörde)
zu leitenden Schähungsverfahren erfolgt?).
In gleicher Weise sind neben dem Expropriationsgesetze von 1837 in praktischer Geltung
geblieben die Vorschriften, welche den Besitzern der an Staatsstraßen angrenzenden Grundstücke
die Verpflichtung auferlegen, diese Grundstücke auf eine gewisse Breite von Gebüsch und Gehölz
zu befreien, (auszulichten oder auf ihre Kosten auslichten zu lassen) und frei zu lassen (sog. Wald-
auslichtung)).
die Arrondirung auf den Antrag der den Umtausch betreibenden Grundeigenthümer, daß der Um-
tausch auch ohne Zustimmung der Widersprechenden vollstreckbar erklärt werde, eintretende Verfahren
und die für dasselbe zuständigen Behörden val. Art. 11 ff. des Ges. vom 10. Nov. 1861 und
Art. 8 Ziff. 13, 9 Abs. 1, 16 ff. des Ges. vom 8. Aug. 1873. Demnach liegt das für den
Vollzug der Zwangsarrondirung entscheidende Moment in dem Beschlusse
der Behörde, der freilich in Art. 11 als „die Stelle der legal abgegebenen Zustimmung der
Widersprechenden zu dem betreffenden Tauschgeschäft vertretend“ bezeichnet wird, dem aber jeden-
falls nach bayerischem Rechte eine größere Bedeutung zulommt, als etwa nach den Darstellungen
von Meyer J. S. 294 und Löning S. 366 angenommeu werden könnte. Nach Art. 16 Abs. 1
ist das Verfahren in erster Instanz gebührenfrei (anerkannt durch Art. 3 Ziff. 3 des Gebühren-
gesetzes vom 18. Aug. 1879.) Ueber die auch bei freiwilligen Arrondirungstausch ein-
tretende Verpflichtung der an den gegen einander zu vertauschenden Grundstücken als Lehen-,
Grundrenten= und Erbfolgeberechtigte, Hypothekengläubiger, Pächter und Nutzuießer rechtlich
Interessirten, den Uebergang ihrer Rechte auf die einzutauschenden Grundstücke sich gesallen. zu
lassen unter der Voraussetzung der Gleichwerthigkeit dieser mit jenen, vgl. Art. 6 des Ges. und
über das im Falle ihres Widerspruchs gegen sie einzuschlagende mit dem gegen die widersprechenden
Grundeigenthümer wesentlich gleichartige und gegebenen Falls mit diesem zu verbindende Verfahren
vögl. Art. 18 ff. Hier ist noch hervorzuheben, daß die Zuständigkeit der Gerichte begründet
ist, wenn der Widerspruch jener Personen sich auf den Mangel der Elrichwerthigleit der *
einander zu vertauschenden Grundstücke oder auf einen andern Rechtstitel gründet. Art.
vgl. mit Art. 18 Abs. 1 des Ges. Daß im Falle gleichen Widerspruchs von W 33
die (Gericht, nict z1 uständig sin snd, * Jofommenhagg und Geschichte des Gesetzes, vat Eu
Art r stn a. 110 gegen Pözl S. 381 und Rothl
S. * * Killree• Weide. und n—.yps Rechte durch die Arrondirung „nach aunn
gabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen“ ihr Objekt nicht verändern, daß den auf solche Weise
Berechtigten ein Widerspruchsrecht gegen die Arrondirung überhaupt nicht zusteht, daß anderseito
durch die Zusammenlegung entbehrlich gewordene Servituten ohne Entschädigung erlöschen, sagt
ausdrücklich Art. 10 des Ges.
v 1) Dafür daß die neben dem Expropriationsgesetz von 1837 fortdauernde Geltung der
V.-O. v. Z. Juli 1812, wie sie im Landtagaabschied von 1837 (oben S. 62 Anm. 3) vorausgesetzt
wird, wie ihre Anwendbarkeit auf den Bau von Distriktsstraßen, nicht bloß von Staatsstraßen, bei der
Berathung jenes Gesetzes von Regierung und Landtag als gegeben angenommen wurde, gibt es allerdings
bestimmte, aus den Kammerunerhandlungen zu entnehmende Anhaltspunkte, vugl. Bl. f. adm.
Pr. 16. S. 151 ff. Daß die Entschädigung in solchen Fällen erst nach der Abtretung geleistet
wird, bemerkt Roth. Civilrecht Ii. S. 17.| mit Recht, daß aber (entgegen Roths a. a. O. aus-
gesprochener Meinung) dien Festletzung der Entschädigung der Abtretung vorangehen soll, spricht
eine M.-E. vom 5. Aug1 9 (Döllinger BV. 16 S. 710 ff. Weber II, S. 27 ff.) ausdrücklich
aus. Daß auf Grund der .O. von 1812 sowohl Eigenthumsabtretung % Belastung. mit einer
Servitut horkommen kam (Roth II. S. 174, 238) ist Licht u beweiselu= . scheint nach einer
M.-E. vom 11. Jannar 1835 (Döllinger B. 16 S Webe . 396 Anm. ), der
erstere Weg eisient früher der rgelmahte' belretene wichen zu *
e zum Theile noch in das vorige Jahrhundert zurückgehenden Vorsstrisien (insbes. das
—— Mandat v. 29. April 1773 und das Königl. Reskript v. 13. Febr. 1809) s. bei Döllinger
6. S. 715 ff., und über die fortdauernde Geltung derselben vgl. den Landtagsabschied don
wsün (oben S. 62 Anm. 3) und die Minist.-Bekanntmachung vom 28. April 1863 (R.-B. S. 691 ff.).
Für die bei der Anlage neuer und der Erweiterung und Umlegung bestehender Staatsstraßen in
Anspruch genommenen Auslichtungsflächen wird nunmehr Entschädigung nach Maßgabe der
Expropr.-Ges. von 1837 gewährt. (Minist.-Bekanntm. vom 6. Juni 1876 lG. u. V.-Bl. S. 3587).
Die Anwendbarkeit jener älteren Vorschriften auf Distriktsstraßen, vielfach angezweifelt, wird nun-
mehr auch von der Regierung nicht mehr behauptet, vgl. Min.-Bekanntm. vom 19. Mai 1876
(Amtsbl. d. Min. d. Innern S. 237 ff.).