Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.1. Das Staatsrecht des Königreichs Bayern. (1)

5 9. Die Pfllichten der Unterthanen. 71 
Die reichsrechtlich anerkannten Expropriationsfälle, die Mili- 
tärlasten und Verwandtes. 
Das Reichsrecht hat die Expropriation für eine Anzahl besonderer, geselich 
bestimmter Thatbestände als möglich anerkannt und zwar sowohl von unbeweglichen 
als insbeson dere auch von beweglichen Sachen. Für solche Expropriationen und 
namentlich für das bei ihnen zu beobachtende Verfahren kommt zunächst das Reichsrecht 
in Betracht, welches zum Theil mehr oder minder umfassende Vorschriften über jenes 
enthält. Soweit das Reichsrecht keine Anhaltspunkte bietet, muß das Landesrecht 
zur Anwendung kommen, dessen Geltung auch in einzelnen hier in Betracht kommenden 
reichsgesetzlichen Bestimmungen in weiterem oder engerem Umfange ausdrücklich vorbe- 
halten ist. 
Enteignung von Grundstücken ist für zulässig erklärt im Gesetze vom 7. April 1869 
Maßregeln gegen die Rinderpest betr. als. Zeichogeset in Bayern eingeführt durch das Reichs- 
gesetz vom 2. November 1871 R.-G.-B. S. 372) 8 2 Ziff. 5 (Enteignung des Grund und Bodens 
für die zum Verscharren getödteter Thiere und #bsangieder Dinge nöthigen Gruben); nach § 3 
bsat 1 wird nur der durch unparteiische Taxatoren festzustellende gemeine Werth aus der 
Bundes-(Reichs-)Kasse vergütet, abweichend von den Bestimmungen des bayerischen Expro- 
priationsgefeßes von 1837, welches nach der (durch §8 7, 8 des Gesetzes von 1869 orhaaltenen 
Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom B. W 1873 den ylzug der revidirten 
Instruktion des Bundespräsidiums vom 9. Juni 1873 betr. (R.-B. S. 7 ff.) § 17 für den 
Vollzug solcher Enteignungen!) zur ###wendung hn soll; — Seus im Gesetze über die 
Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 § 14 Absatz 3 (Enteignung von Grundstücken, welche 
auf Grund dieses Gesetzes zur Ergänzung fortifikatorischer Anlagen im Falle der Armirung 
einer Festung in Anspruch genommen wurden, nach eingelretener Desarmirung aber nicht zurück- 
gegeben worden sind); die Feststellung der Entschädigung für die Abtretung des Eigenthums 
erfolgt im Wege des für Enteignungen vorgeschriebenen (zur Zeit also des landesrechtlichen) Ver- 
fahrens; — ferner im sog. Rayongesetz vom 21. Dezember 1871 (die Beschränkungen des 
Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen betr.) § 41 Absatz 4 (eventuelle Enteignung 
eines den geseblichen Rayonbeschränlungen unterliegenden Grundstückes statt der Leistung 
der Entschädigung für solche Beschränkungen nach deren vorläufiger Festsetzung durch die höhere 
.’es#2 „das Verfahren bei der Enteigumg richtet sich nach den r*mm- 
(§ 41 Abs. #r Daß das Landesrecht in vollem Umfange in Anwendung kommen muß, falls 
bei einer an) Grund von Art. 11 der Reichsverfassung kraft Reichsgesetzes erfolgenden Wnlage 
einer Eisen bahn (vgl. oben S. 38) Expropriationen nöthig werden sollten und vom Reiche 
nicht seinerseits Bestimmungen für dieselben gelroffen werden würden, ist selbstverständlich'). 
rproprialion beweglicher Sachen ist ebenfalls vom Gesete über die Kriegsleistungen 
in mehrfacher Weise alo rechtlich möglich erklärt: § 3 Ziff. 2 ff. (Enteignung von Fourage, von 
Materialien zur Anlegung von Wegen, Eisenbahnen u. f. uk Enteignung von Feuerungematerial, 
Lagerstroh und sonstigen Gegenständen außerordentlicher militärischer Bedürfnisse); § 16 
eignung des Bedarses an lebendem Vieh, Brodmaterial, Hafer, Heu und Stroh zur Füllung der 
Kriegsmagazine); § 21 (Enteignung von Schissen und Fahrzeugen zum Zwecke der Hafen= und 
Flußsperre); § 25 (Enteignung der zum Kriegsdienst für tauglich erklärten Pferde zur Beschaffung 
und Erhaltung des kriegsmäßigen Pferdebedarfs der Armee!); § 28 (Enteignung von Eisenbahn- 
bau- und Betriebsmaterial). Ueber die für solche Zwangsabtretungen zu leistende Vergü- 
  
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Für die Riian haben diese Vorschriften gleich der V.-O. vom 3. Juli 1812 überhaupt 
leine Echtung. Ueber das dort geltende Recht hinsichtlich der Ausbentung (exploitation) fremder 
Grundstücke zum Straßenbau und der Arohnng (essartement) der Waldungen und Gehölze längs 
vn Straßen vgl. Geib, Handb. II. Aufl. u Graef und Gresbeck Bd. II. Kaisersl. 1884 
216 ff. und „Wand, die Nochtooertulinn der öffentlichen Wege in der Pfalz. Kirchheim- 
W 1873 S. 32 fl. 
„Hinsichtlich der Geliendmachung der Ersatzansprüche an die Reichskassa sind die hierüber 
jeweils hede besonderen Vorschriften maßgebend.“ 
2) G. Meyer in Behrend's und Dahn's Zeitschr. f. d. deutsche Gesetzgebung u. s. w. 
Bd. VIII. S. 557 bemerkt hiezu, daß diese Bestimmung nur auf die Feststellung der Ent- 
schädigung und die Vollziehung der Enteignung, nicht auf die Bestimmung des (durch 
den Rayouplan bereits festgestellten) Objelts der Enleignung bezogen werden kann. Anders muß 
es sich aber verhalten, wenn der Besiher des Grundstückes die Ausdehnung der Enteignung auch 
auf nu nicht den Rayonbeschränkungen unterworfene Theile eines Grundstückes auf Grund des Gesetzes 
verlangt. 
3) ucertinsti nmend G. Mever a. a. O. S. 537 ff. und Laband, Staatsrecht d. D. 
Reiches II. S. 362 Anm
	        
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