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lung der Frage von großer Bedeutung, was unser Staatsgrundsatz hier
verordnet hat.
Das einzige Reichsgesetz, aus dem sich bestimmte Verpflichtungen zum
Ersatz von Kriegsschäden ergeben, ist das Gesetz über die Kriegs-
leistungen vom 13. Juni 1873. Im allgemeinen werden die Kriegs-
leistungen, die auf Grund dieses Gesetzes zu entschädigen sind, in der Wissen-
schaft überhaupt nicht zu den Kriegsschäden gerechnet, sondern ihnen gegen-
übergestellt. Die Verschiedenheit, die eine solche Gegenüberstellung recht-
fertigt, liegt aber im wesentlichen wohl nur darin, daß die sogenannten
Kriegsleistungen nach dem Gesetz von 1873 ersatzberechtigt sind, die übrigen
Kriegsschäden aber nicht.
Als ersatzberechtigt sind anerkannt alle Lieferungen, welche für die be-
waffnete Macht erforderlich werden, insbesondere Quartier, Stallung, Ver-
pflegung, Beförderungomittel, Arbeitskräfte, Grundstücke, Gebäude, Feue-
rungsmaterial, Lagerstroh und anderes mehr. Zudem enthält das Gesetz
im § 3 Ziffer 6 noch eine allgemeine Klausel:
„Sonstige Dienste und Gegenstände, deren Leistung beziehungs-
weise Lieferung das militärische Interesse ausnahmsweise erforderlich
machen könnte.“
Diese Bestimmung ist wichtig. Denn an sie wird sich die Erörterung
der Frage anknüpfen, ob und in welchem Umfang die Kriegsgesetzgebung in
Verbindung mit dem Gesetz von 1873 Ansprüche auf Kriegsschadenersatz
gewähre.
Nach diesem Gesetz sind weiterhin besondere Bestimmungen getroffen für
die Hergabe von Schiffen und anderen Fahrzeugen, Pferden sowie für die
Leistungen der Eisenbahnen. Es sei hier erwähnt, daß Preußen im Eisen-
bahngesetz von 1838, § 43 ausdrücklich die Entschädigungspflicht des Staates
gegenüber Eisenbahngesellschaften bezüglich aller Kriegsschäden ausge-
schlossen hat.
Das Kriegsleistungsgesetz ist mehrfach eingehend erläutert1) worden;
es bedarf daher hier keiner besonderen Besprechung. Sein Wortlaut ist im
Anhang abgedruckt. Nur eine Vorschrift dieses Gesetzes ist für die in ihm
nicht als ersatzpflichtig anerkannten Kriegsschäden wichtig. Das ist § 35.
Er lautet:
„Für Leistungen, durch welche einzelne Bezirke, Gemeinden oder
Personen außergewöhnlich belastet werden, sowie für alle
durch den Krieg verurfsachten Beschädigungen
1) Siebe insbesondere die Kommentare von Heilberg—Schäffer und Liebrecht.